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nach dem Krieg noch von 32.102 Ein Blick in die Kirche zieht die Aufmerksamkeit
auf die Wandmalereien (um 1300). Allerdings gibt es keine Illustration zur Pest.
Die von einem Pfeil beschossene Gestalt ist nicht der hl. Sebastian, sondern in einer
Szene aus dem Alten Testament schießt der blinde Lamech mit Hilfe eines
Jungen auf Kain einen Pfeil ab.103
Neuenburg
Eine Folge einer verheerenden Pest wird oft vernachlässigt, doch in der Geschichte
der Stadt Neuenburg wird daraufhingewiesen. Eine im Jahre 1313 auftretende
Pest wirkte sich auf die Bevölkerung so stark aus, dass nicht mehr genügend
Personen zur Verfügung standen, die sich um Ackerbau usw., um Nahrungsbeschaffung
kümmern konnten, denn für die Jahre 1315 und 1317 wird Hungersnot
genannt. Als wenige Jahrzehnte später die Pest das ganze Abendland beherrschte
und dafür die Juden beschuldigt wurden, war auch Neuenburg betroffen. Im
Totenverzeichnis der Johanniter wird von Pesttoten berichtet. Es wurde sogar ein
namentlich bekannter Jude gefunden, der bei der Brunnenvergiftung beteiligt gewesen
sein soll: „Jockeli von Neuenburg, des blinden Juden Tochtermann." Wie
die Judenverfolgung 1348 und 1349 in Neuenburg gehandhabt wurde, ist nicht
überliefert. Meist war die Pest nur ein Vorwand, sich von den Schulden bei den Juden
zu befreien. Kaiser Karl IV erteilte der Stadt 1354 - also nach den Pestjahren
- das Recht: „Das wir sie ledig sagen und machen aller Judenschuld, die sie
den Juden schuldig sind gewesen oder noch sind." 1364 ist die Judengasse noch
von Juden bewohnt. Es ist also denkbar, dass ihnen nichts geschah. Allerdings sind
im Jahre 1370 keine Juden mehr hier nachzuweisen.104 Ob es nur als ein persönliches
Schicksal von Bürgermeister Leonhard Fuchs im Jahre 1531 zu sehen ist, als
sein Sohn Jodocus an der Pest starb, oder ob andere Stadtbewohner mitbetroffen
waren? Einen Erben, auch im Amt, erhielt Leonhard Fuchs in seinem Sohn Alban.
Dieser schreibt in einem Brief am 17. August 1564 an Basilius Amerbach aus der
Basler Verlegerfamilie, dass der „Sterbendt" bereits seit 1563 wieder in der Stadt
begonnen habe. 1566 starb auch er an der Pest.105 Verknüpft mit der Geschichte der
Jesuitenniederlassung in Neuenburg, die 1600 gegründet wurde, ist das Pestjahr
1610. Pater Georg Renner hat sich 10 Tage lang der Pflege der Pestkranken angenommen
, am 11. Tag starb er selbst an der Pest.
Auch ein weiterer Jesuit, Jacobus Stitius, fiel der Pest zum Opfer.106 Über das
Pestjahr 1628 ist im Britzinger Lagerbuch von Vogt Kaltenbach nachzulesen, dass
in Neuenburg von 170 Einwohnern 117 Erwachsene starben. 1632 folgte bereits
wieder eine Pestwelle, der Pfarrer Beatus Hügle erlag. Wenn überliefert wird, dass
am Ende des Dreißigjährigen Krieges noch 76 Bürger in der Stadt lebten, dann ist
das glaubhaft. Als Randbemerkung sei angefügt, dass an 2 Julitagen 1639 unter
der schwedischen Besatzung und nicht unter der Stadtbevölkerung eine ansteckende
Krankheit - nicht die Pest, sondern eine der Lagerkrankheiten, wahrscheinlich
Typhus - ausbrach, an der 400 Personen starben. Mit der Geschichte Neuenbürgs
ist das Ende von Herzog Bernhard von Weimar, der in schwedischen Diensten
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