http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2014-01/0081
In der bislang geltenden Meinung sah man in den beiden auf dem Hau (Abb. 2)
sich gegenüberliegenden Schanzanlagen immer eine Einheit und ordnete sie dementsprechend
gemeinsam auch um 1700 zu: einerseits die Sternschanze (Abb. 1) als davon
die scheinbar jüngere, weil sie fortifikationstechnisch eine relativ moderne Form
aufzuweisen hatte, während man andererseits die Redoute auf Grund ihrer einfachen
Vierecksform für die ältere, technisch überholte Schanzanlage hielt.
Auffallend dabei war - und das warf auch bei uns schon 2008 erste Fragen auf -
dass man die Sternschanze überhaupt nicht - wie die benachbarte Redoute
(Abb. 3) - wirklich fest in die Linie eingebunden hatte, sondern ihre Lage schon
damals „eigenartig" wirkte, irgendwie wie das fünfte Rad am Wagen.
Denn bereits in jenem Jahr entstand eine umfangreiche Luftbild-Serie vom Hau,
die der Luftbildfotograf Erich Meyer aus Hasel für uns anfertigte. Die Fotos wurden
sorgfältig ausgewertet und auf der Basis des damaligen Wissensstandes interpretiert.
Erst 2012 haben wir diese Luftaufnahmen im Rahmen erneuter Forschungsarbeiten
im Kleinen Wiesental mit einer neuen Software erstmals invertieren, also gezielt
falsch einfärben können, um so Geländekonturen strukturell besser herauszuarbeiten
. Was dann auch tatsächlich zu völlig neuen Erkenntnissen führte.
Denn diese invertierten Aufnahmen (Abb. 4-7) machten deutlich, dass die Sternschanze
keineswegs - wie bislang angenommen - ein ursprünglicher Bestandteil
der markgräflichen Vorderen Linie war. Sie war eindeutig - entsprechend ihrer
Form - taktisch als solitäre 360-Grad-Rundum-Verteidigungsanlage konzipiert.
Was sich auch am einzigen, im Gelände sogar gut erkennbaren ursprünglichen Zugang
zeigt, der sich überhaupt nicht am Verlauf der Linie orientiert. Die scheinbare
Anbindung an die rechts an ihr vorbeilaufende Kommunikationslinie war somit
keinesfalls ursprünglicher Teil und damit auch kein geplantes Element der Linie.
Es war einzig und allein die räumliche Konsequenz aus der Tatsache, dass die
einstigen Bauherren ihre Sternschanze nicht nur so provokant nahe an der Territorialgrenze
Vorderösterreichs anlehnten, sondern sie - was für ein Affront - direkt
touchieren ließen.
Dass man beim späteren Bau der Linie den einstigen Zugang nicht auch als
Laufgraben integrierte und damit die Sternschanze wirklich strategisch effektiv in
die Linie eingebunden hätte, zeigt, dass diese Schanze ganz bewusst von der neuen
Linienführung ausgeschlossen wurde. Lediglich auf Grund ihrer unmittelbaren
räumlichen Nähe musste sie angebunden werden, um den eigenen Verteidigungswert
der Linie nicht zu gefährden.
Da die tatsächliche territoriale Grenze zwischen der Markgrafschaft und dem
Reichsgebiet nun so nah an der Sternschanze vorbeiführte, musste im Rahmen der
Vorderen Linie die dortige Kommunikationslinie sogar z. T. direkt auf die Grenzlinie
gelegt werden, was dazu führte, dass man auch das unmittelbare Schanzenareal der
Sternschanze anschnitt (Abb. 4-7). Dabei wurde die östlichste Sternspitze durch den
Laufgraben der Linie so geöffnet, dass ein Angreifer ungehinderten Zugang zum Innern
der Anlage erhielt. Damit hätte man, wäre diese Sternschanze wirklich fester
Bestandteil der Linie gewesen, deren Verteidigungswert sinngemäß selbst geschleift.
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