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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
77.2015, Heft 1.2015
Seite: 113
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re später noch so schön: De Teufel isch ä Eichhörnli. Tiergestalten wie der Geißbock
oder der Güggel standen für die Unkeuschheit. Noch heute zeigen in Zell einige
Maskengruppen ehemalige teuflische oder sündige Symbole.

Das im alemannischen Brauchtum verbreitete Flecklihäs stellt auf provokante
Art das Gegenteil von „Maria, der Unbefleckten" dar. Ganz bewusst hat man sich,
natürlich maskiert, öffentlich als „befleckt" präsentiert.

Die an Fasnacht beliebte Zahl elf war, nach der mittelalterlich-kirchlichen Auslegung
, eine höchst „böse Zahl". Für die frühen Fastnächtler eine willkommene
Möglichkeit, diese von der Kirche verachtete Zahl zu verwenden. Es gibt in Zell
ein Präsidium mit elf Mitgliedern, es gibt anderswo Elferräte, es gibt den Ölfte
Ölfte.

Gerne besann man sich im Mittelalter auf die alten heidnischen Bräuche, die
von der Kirche als ketzerisch verboten waren. Zur Fastnacht boten sie sich hervorragend
an, ungehorsam gegen die Kirche zu sein und unter der Maske das zu tun,
was die Kirche offiziell verbot, allerdings an diesem einen Tag zumindest akzeptierte
, wenn nicht sogar forcierte.

Merkliche Änderungen im fastnächtlichen Treiben brachte die Reformation. Mit
ihr endete für die reformierten Christen die Fastenpflicht. Alle fastnächtlichen
Bräuche wurden als Relikt vorreformatorischer Zeiten abgetan. In den protestantisch
geprägten Städten und Gegenden wurde die Fastnacht verboten. Dort, wo der
Katholizismus tief verwurzelt war, flammten immer wieder fastnächtliche Bräuche
auf und wurden teilweise weiter gepflegt. Eine so große Bedeutung wie vor der
Reformation hat die Fastnacht allerdings bei weitem nicht mehr erlangt, weil der
ureigentliche Grund - der Beginn der Fastenzeit - in den lutherisch-evangelischen
Regionen nicht mehr gegeben war. Auch in Basel wurde die Fastnacht verboten,
doch gab es immer wieder fastnächtliche Zwischenfälle. So 1532, als mehrere junge
Männer, darunter Druckerlerirlinge, Metzger und Schlosser, zusammen mit
Pfeifern über den Marktplatz und durch die angrenzenden Gassen zogen und dabei
sangen und wild tanzten. Selbst eine Buße von je fünf Pfund und die Androhung
der Enthauptung konnten sie nicht vom fastnächtlichen Treiben abhalten. Im reformierten
Basel schaffte es die Kirche trotz aller Sittenstrenge nicht, das fastnächtliche
Treiben gänzlich auszurotten. Dennoch hat die Reformation bewirkt, dass sich
die Fastnacht bis heute hauptsächlich auf katholisch geprägte Regionen beschränkt
. Basel bleibt da die große Ausnahme.

Die ständigen Kriegs wirren im 17. Jahrhundert, der Imperialismus Napoleons und
die französischen Besatzungskriege brachten fastnächtliches Treiben in Deutschland
fast gänzlich zum Erliegen. Nach dem Einmarsch französischer Revolutionsgruppen
ins Rheinland erließ der Stadtkommandant von Köln 1795 ein totales Karnevalsund
Maskierverbot. 1797 wurden die ersten Spottverse gegen diese Verbote verfasst.
Sie gelten heute als Vorläufer der Büttenrede. In Köln war es dann auch, wo nach
dem Wiener Kongress der Karneval neu organisiert werden sollte. 1823 wurde das
Festordnende Comitee gegründet, das sich dieser Aufgabe annahm. So kam es, dass
aus der einstigen Fastnacht ein Karneval hervorging, aus einer kirchlichen Protestbe-

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