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(1394—1419), einen Begräbnisplatz zu schaffen.6 Diese These konnte nun jedoch
durch eine weitere dendrochronologische Untersuchung des Grabkapellendachstuhls
entkräftet werden. Die Untersuchung der Hölzer ergab ein Fälldatum im Winter
1402/03.7 Zwar unterscheiden sich die Abbundzeichen des Haupt- und Kapellendachstuhls
, was für unterschiedliche Zimmermänner sprechen würde, aber die zeitliche
Nähe des Kapellenanbaus legt eine zusammenhängende Baumaßnahme von Kirche
und Grabkapelle nahe.8 Rudolf wird den Kapellenanbau wohl von Anfang an als
eigene Grablege vorgesehen haben. Da der Kapellendachstuhl nachträglich nicht erweitert
wurde, ist die Verschiebung des Ostfensters wohl mit einer südlichen Erweiterung
noch während der Schichtung des Mauerwerks zu erklären.9 Wahrscheinlich
erkannte Rudolf, dass die Kapelle in den ursprünglich geplanten Ausmaßen zu eng
für zwei Grabdenkmäler werden würde und verbreiterte sie schon in einem frühen
Stadium der Bauzeit. Er orientierte sich hierfür wohl an den Ausmaßen der Turmkapelle
, die genauso breit ist wie der neue Kapellenanbau (Abb. 5). Das Baumaterial
der Kapellenwände und -gewölbe aus Bruchstein in Lagen entspricht dem des Kirchenbaus
. Der bis in die heutige Zeit unverändert erhaltene Röttier Grabkapellenanbau
samt seiner Grabdenkmäler stellt eine große Seltenheit dar. Fast immer fehlt in
Grabkapellen die ursprüngliche Ausstattung, da sie in späterer Zeit sehr oft eine Um-
nutzung erfuhren. In der nahe gelegenen Michaelskirche in Schopfheim beispielsweise
haben sich in der Grabkapelle der Familie Höcklin lediglich Fragmente spätmittelalterlicher
Wandmalerei erhalten. Der skulpturale Schmuck, der sich einst in
der Rundbogennische an der Wand befunden hatte, ist nur noch fragmentarisch im
benachbarten Stadtmuseum zu sehen. Die mittelalterlichen Grabplatten sind gänzlich
entfernt worden, um neuzeitlichen Epitaphien Platz zu machen.
Dass Rudolf schon vor der Errichtung des östlichen Kapellenanbaus mit dem
Gedanken gespielt haben könnte, sich in einem vom Kirchenraum separierten
Raum bestatten zu lassen, legen seine Ahnenprobe und seine Altarstiftung von
1391 in der Turmkapelle nahe.10 Die Ahnenprobe wurde sehr häufig im Grabkontext
als Zeichen adeliger Selbstlegitimation dargestellt, so zum Beispiel auch auf
der Grabplatte von Rudolfs Onkel Otto I. (1302-1384) in St. Hilarius in Sitzenkirch
. In der Röttier Turmkapelle sind an den Konsolsteinen des Gewölbes die
Wappen der Stammlinie Baden-Hachberg, das Wappen der Familie von Rudolfs
Mutter (Tierstein) und die Wappen seiner Großeltern väterlicherseits (Baden-
Hachberg und Rötteln) zu sehen (Abb. 5).
Es ist nicht überliefert, durch welches Vorbild sich Rudolf zu seiner Grabkapelle
als Ort der Selbstdarstellung mittels überlebensgroßer Figurenplatten inspirieren
ließ. Nicht unwahrscheinlich ist jedoch, dass er sich dabei an der Grabkapelle seiner
nahen Verwandten, der Markgrafen von Baden im Kloster Lichtenthai bei Baden
-Baden, orientiert haben mag. Das Geschlecht der Hachberg-Sausenberger bildet
eine Seitenlinie der Markgrafen von Baden und führt dasselbe Wappen. Die
Grablege der Badischen Markgrafen wurde ebenfalls wie die in Rötteln von ihren
Stiftern mit prunkvollen und aufwendigen lebensechten Grabfiguren bestückt, wobei
sie im Gegensatz zur Röttier Kapelle allein schon aufgrund ihrer Größe als dy-
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