http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2015-01/0163
Erstmals begegnete Tucholsky den wundervoll grotesken Zeichnungen Robinsons
bereits 1913 im Berliner „Weltspiegel", dessen Druckverfahren Tucholsky
belächelte. Die Zeichnungen ließen sich nur unförmlich, wirkungslos wiedergeben
- im Gegensatz zur englischen Originalausgabe (GA 1, S. 211).
Suchen wir noch nach weiteren Erklärungen für Tucholskys Basel-Essay, so
werden wir in der „Weltbühne"-Ausgabe vom 8. 12. 1931 fündig! In seinem Beitrag
„Auf dem Nachttisch" beschäftigt sich Tucholsky mit verschiedenen Kriegsbüchern
seiner Zeit und rezensiert auch Eberhard Buchners „Kriegsdokumente"8),
die er als sehr nachdenkliche Lektüre empfiehlt (GA 14, S. 451). Tucholsky zitiert
daraus eine echte „Basel-Stelle", eine Grenz-Geschichte, die wie ein Präludium
zum zwei Wochen später erschienenen Basel-Essay wirkt:
„Grenzwachkompagnie 58/111. Lieber Freund! Vier Wochen lang lag ich bei der
Ruine Landskron. Es ist in der Nähe von Basel. Von dort aus kam ich ins erste
Treffen, weil Franzosen durch das Leimental nach Basel und weiter durch die
Schweiz marschieren wollten. Es kam ihnen böse zu stehn. Du kennst meine Ansicht
wie ich die Deine. Leider war ich grade auf Patrouille und war der erste, der
die roten Hosen bemerkte. Ich hatte nur vier Mann bei mir, was tun? Ich sträubte
mich zu schießen, so rief ich die Kerle an, zurückzugehen. Erst verstand die Bande
nicht deutsch, dann kamen sie näher und plötzlich stoßen sie auf uns.. ."9)
V
Im August 1932 lernt Tucholsky im Tessin die Zürcher Ärztin Dr. Hedwig Müller
kennen. Diese Frau, die Tucholsky zärtlich Nuuna nennt, wird in den letzten
drei Lebensjahren Tucholskys wichtigste (Brief-)Partnerin.
Am Ende des Jahres lesen wir in der „Weltbühne":
Worauf man in Europa stolz ist
Dieser Erdteil ist stolz auf sich, und er kann auch stolz auf sich sein. Man ist
stolz in Europa: Deutscher zu sein.
Franzose zu sein.
*
Engländer zu sein.
*
Kein Deutscher zu sein.
Kein Franzose zu sein.
Kein Engländer zu sein.
(...)
161
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2015-01/0163