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Und noch etwas verbindet Tucholsky mit Basel: Er schließt bei der Basler Lebensversicherung
einen Vertrag über 50 000 Mark ab. Ende des Jahres 1933 soll
sich Hedwig Müller nach dem Rückkaufwert erkundigen (vgl. GA 20, S. 689):
An Hedwig Müller, Hindas, 7.11. 1933
Ich bin zur Zeit ganz alle (sie) und entsetzlich müde - und ich weiß gar nichts
mehr (...).
Fünfzehntens: frage doch mal bitte bei den Baslern an, wie viel ich verliere,
wenn ich aufhöre. Ich möchte von hier aus nicht darüber korrespondieren. Ich täte
es sehr ungern, aber es wird wohl sein müssen (...).
Liebe Nuuna Mittelmüller, ich bin sehr müde und habe es alles etwas satt. Aber
Du meinst ja, ich muß. Muß ich-? Ä. Ä.
Hier ist ein großer Blasewind, die Katze schnurrt und zerkratzt alles, das Mädchen
muß erst Kaffee kochen lernen, was sie nicht kann, und ich gedenke Deiner
in treuem Gach (sie).
Lilleke.
Dein heftig müder
und trauriger
Hasenfritzli (GA, 20, S. 133 f.).
kannter aus dem Reich namens Wesemann
ihn zu einer Unterredung bestellt hatte. Jakob
liess sein Handgepäck in St. Louis stehen, fuhr
mit dem Tram nach Basel, besuchte einen hier
wohnhaften Bekannten und verliess diesen nach
einer Viertelstunde, gegen fünf Uhr abends mit
dem Bemerken, er habe eine Verabredung.
Seither ist Jakob nicht mehr gesehen worden
Seine Frau erhielt am Sonntag ein Telegramm
aus Basel: <Alles in Ordnung, komme Montag
zurück> und später zwei weitere Telegramme,
davon eines aus Zürich mit der Ueberweisung
von 200 Fr. und der Mitteilung, Jakob reise nun
nach Genf. Diese allem Anschein nach fingierten
Telegramme vermochten nur kurze Zeit die Frau
und die Freunde des nicht Heimkehrenden zu
beruhigen. Sie informierten die Basler Polizei,
die sich zurzeit mit dem Falle eingehend befasst.
Es ist wohl zuviel gesagt, wenn das Strassburger
Blatt behauptet, es sei «heute schon ein gewaltsames
Ende, zumindest aber eine gewaltsame
Verschleppung als sicher anzunehmen
:». Sicher ist, dass Berthold Jakobs
Anwesenheit in Zürich und in Genf
nicht nachgewiesen werden konnte, ferner
dass der rätselhafte Wesemann, den
Jakob in Basel treffen wollte, tatsächlich in
einem hiesigen H o t e 1 a b g e s t i e g e ri
und inzwischen, angeblich nach Paris, weitergereist
ist. Leute, die Jakob nahe standen,
versichern, dass dieser rührige Journalist sonst
keine sechs Stunden sein konnte ohne für seinen
Pressedienst oder eine Zeitung ein paar Zeilen
zu schreiben, und nun ist er seit anderthalb
Wochen verstummt und spurlos verschwunden.
Lauter sehr bedenkliche Indizien.
Abb. 5: Ein mysteriöser Fall, Basler Nationalzeitung vom 19.3.1935
Base!
Ein mysteriöser Fall
3^ Das Verschwinden eines deutschen
F.misrranten in Basel
Der rerschwunaene Emigrant Jakob
Unter der Ueberschrift: «Ein neuer Fememord
? Berthold Jakob in Basel verschwunden.
Indizien weisen auf deutsche Agentenarbeit.> berichten
die «Strassburger Neuesten Nachrichten)
von folgendem mysteriösen Fall: Samstag den
9. März reiste der Mitarbeiter des zitierten Strassburger
Blattes, Berthold Jakob-Salomon, ein deutscher
Emigrant, der seit mehr als zwei Jahren
mit seiner Frau in Strassburg wohnte und dort
den antihitlerischen «unabhängigen Zeitungs-
diensb herausgab, nach Basel, wohin ein Be-
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