Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 6
(PDF, 39 MB)
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Bleibt noch zu klären, warum es von einem Bürgermeister in der Zeit nach 1869
kein Gemälde gibt. Denn wie man mit der Person Reinhard Boos, zwischen 1933
und 1945 NSDAP-Bürgermeister, umgeht, war lange umstritten. Ihn einfach mit
einem Gemälde gleichberechtigt und kommentarlos wie Vorgänger und Nachfolger
zu würdigen, kam für die Verantwortlichen in der Stadt nicht in Frage. Es war
aber auch nicht möglich, sich auf eine angemessene, historisch objektivierbare
Form der Darstellung zu einigen. So blieb diese Galerie bis zum Jahr 2006 unvollständig
, hatte eine Lücke, die die Geschichte allerdings nicht kennt. Ein von mir
verfasster Text, der zusammen mit einem kleinformatigen Foto von Reinhard Boos
chronologisch in die Galerie eingeordnet wurde, ist vom Sohn von Reinhard Boos
juristisch angefochten worden, da er die Würde seines 1982 gestorbenen Vaters
verletzt sah. Es wurde argumentiert, dass zwischen den Verbrechen, die während
der Nazi-Diktatur auch in Lörrach geschehen sind, und dem persönlichen Verhalten
von Reinhard Boos als Bürgermeister kein Zusammenhang hergestellt werden
könne, da ihm persönliches Verschulden nicht nachzuweisen sei. Um eine drohende
juristische Auseinandersetzung zu vermeiden, wurde der Text zurückgezogen.
Übrig blieb das Foto mit dem schlichten Text: „Reinhard Boos, Bürgermeister
1933-45".

Diese Form der Darstellung grenzte sich bewusst sichtbar von den übrigen Porträts
ab und zusammen mit dem Hinweis auf die Amtszeit sollte dies für jeden
Staatsbürger ein „Denk mal" sein. Doch diese Lösung blieb unbefriedigend. Immerhin
kam durch die dadurch ausgelöste Diskussion die Forderung nach einer
genaueren Aufarbeitung der NS-Zeit in Lörrach im Allgemeinen und der Rolle von
Boos im Besonderen zum Tragen. Eine Forschungsarbeit an den Historiker Robert
Neisen wurde vom Gemeinderat vergeben. Dieser hat in seinem 2013 erschienenen
verdienstvollen Buch „Lörrach und der Nationalsozialismus" diese Lücke geschlossen
und mit dem Mythos von Reinhard Boos als dem „guten" Nationalsozialisten
aufgeräumt, das von diesem und Interessierten lange Zeit aufgebaut worden
war. Nach Neisen war Boos „ein unbeugsamer Ideologe und radikaler Nationalsozialist
" und er kommt zum Urteil: „Eine Trennung zwischen Unterstützung des
Nationalsozialismus auf der einen und der NS-Gewaltherrschaft auf der anderen
Seite ist daher vollkommen unhaltbar. Zum anderen lassen sich, wie erwähnt, genügend
Fälle nachweisen, in denen Boos direkt an der Ausübung von Gewalt beteiligt
war."2

Insofern kam aus zweierlei Gründen Bewegung in die Bürgermeistergalerie. Einerseits
stellte sich nun wieder die Frage, diesmal auf historisch eindeutig abgesicherter
Grundlage, ob zu Reinhard Boos nicht doch ein erklärender Text stehen
müsse. Zum anderen wurde, auch bedingt durch das Platzproblem, generell die
Frage aufgeworfen, ob und wie die Bilder dieser Bürgermeistergalerie präsentiert
werden sollen. Das Foyer im ersten Stock des Rathauses ist, wie schon gesagt, mit
der anstehenden Erweiterung um das Bild von Gudrun Heute-Bluhm an seine Kapazitätsgrenzen
gestoßen. Wenn man vom Gedanken ausgeht, dass die Bürgermeisterporträts
dort gezeigt werden sollen, wo die Dargestellten auch amtiert ha-

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