http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2016-01/0116
In fast 55 Jahren bis zu seinem Tod ist ein umfangreiches, vielgestaltiges Werk
entstanden.
Neben literarischen Exkursen, die u. a. in dem bereits genannten autobiographischen
Erinnerungsband ihren Niederschlag fanden, neben Gedichten und philosophischen
Sentenzen schuf Ibenthaler bildkünstlerisch infolge von Aufträgen der
Kirche und der Öffentlichkeit Altarbilder, Glas- und Keramikwände sowie plastische
Arbeiten aus Holz, Stein und Gussmaterial.
Schwerpunkte seines künstlerischen Schaffens bildeten jedoch die Malerei, das
Aquarell, die Zeichnung und die Druckgrafik. Seine Kunst konzentrierte sich zeit
seines Lebens auf die überlieferten Themenbereiche, wie sie in der europäischen
Kunstgeschichte mit Beginn der Neuzeit bekannt sind.
Es sind dies die Landschafts- und Stilllebenbilder und vor allem anderen die
Darstellung des Menschen in der Figur-, Akt- und Bildnismalerei.
Charakteristische Bildmittel sind die Vereinfachung der gegenstandsgebundenen
Form, die meist intensive Farbigkeit sowie ein Verhindern der Raumtiefe durch
Farbflächen und/oder Versperren des Bildraumes mittels der dargestellten Figuren
und Objekte.
Ibenthalers Kunst ist zu begreifen als Ergebnis eines äußerst intensiven
Bemühens um die Umsetzung der wahrgenommenen Realität in eine stringente
Bildform, durch die das Sein der Dinge, das Wesen des Menschen aus der Tiefe an
die Oberfläche gebracht und sichtbar gemacht werden.
Seine Bildsprache und Zielvorstellung stehen unbestritten in der Tradition des
Expressionismus.
Nun darf jedoch nicht übersehen werden, dass der Expressionismus seine Anfänge
bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte. 1905 mit der ersten, bereits erwähnten
Ausstellung der Fauves ist ein wichtiges Datum. 1911 kam der Begriff Expressionismus
in Deutschland zum ersten Mal auf.
Dem ist entgegenzuhalten, dass Ibenthaler erst 1946/47 in seiner Heimatstadt
künstlerisch zu arbeiten begann. Auch wenn die meisten seiner Bilder zeitlich
nicht fixiert wurden, ist es aufgrund seiner Lebensdaten und dem Datum des
Kriegsendes historischer Fakt, dass zwischen dem Höhepunkt der Künstlerbewegung
des deutschen Expressionismus und Ibenthalers Anfängen seiner Arbeit ein
Zeitraum von mindestens 35 Jahren liegt.
Insofern muss die Feststellung, der Künstler artikuliere sich in einer autonomen
Bildsprache, wie sie mancherorts in der Literatur über Ibenthaler, insbesondere bei
Jürgen Scharf zu finden ist, bezweifelt und hinterfragt werden.
Natürlich hat Ibenthaler eine individuelle Handschrift, natürlich kommt es bei so
herausragenden Bildern wie der „Holzener Passion" oder des „Mannes mit toter
Katze" und vielen anderen zu überzeugenden Bildfindungen, die gleichsam wie
Ikonen in die Bildergalerie der Moderne einzureihen wären, stünde ihr Entstehungsdatum
nicht 35 Jahre und beim Spätwerk gar 70 Jahre danach.
Gemeinsame Ausstellungen der Badischen Sezession mit so exponierten Malern
wie Heckel und Dix sind zwar Beweis dafür, dass die alten, vom Faschismus mit
114
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2016-01/0116