http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2017-01/0136
Abb. 2: Die sogenannte „Polenbuche'1
lassen. Weil er dieses Vorhaben genauso entsetzlich fand wie die meisten Einwohner
, ließ er sich von unserem Hausarzt Dr. Pitsch wegen einer angeblichen Venenentzündung
krankschreiben.
Bei Dr. Pitsch fand mein Vater deshalb offene Ohren, weil dieser als ehemaliges
Mitglied der Freimaurer und des Stahlhelms für seine ablehnende Haltung gegenüber
dem Regime bekannt war. Glücklicherweise kam keiner der SS-Leute auf den
Gedanken, diese „Erkrankung" zu überprüfen, was natürlich böse Folgen gehabt
hätte.
Zur Abschreckung mussten sich am Hinrichtungstag die Polen aus Grenzach
und der Umgebung an der Hauptstraße aufstellen lassen. Natürlich waren dabei
auch viele Grenzacher Zuschauer. Wieso ich als 14-jähriger Bub mit anderen
Jugendlichen zusammen beim Anwesen Schmiedel gegenüber dem Rathaus stand,
kann ich mir heute überhaupt nicht mehr erklären.
Unter den Anwesenden herrschte großes Entsetzen, als ein offener Wagen unterhalb
des Rathauses anhielt und darin zwischen zwei SS-Leuten der mit Handschellen
gefesselte Wladislaw Wielgo saß. Das Infamste dabei war noch, dass man einen
Wagen mit dem Sarg an dem zum Strang verurteilten totenbleichen Mann vorbei
fahren ließ. Danach lief ich erschüttert nach Hause.
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