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Von dem großen Interesse, das man dem Predigeramt entgegenbrachte
, zeugt schon das Testament des Bonaventura E r s a m ,
Kanonikus beim Stift zum Jungen St. Peter in Straßburg, vom 14. September
1551. Ersam ging aus dem Priesterseminar Molsheim i. Eis.
hervor und hat längere Zeit das Offenburger Predigeramt versehen.
Ihm lag die Heranbildung tüchtiger Priester sehr am Herzen. In der
Einleitung seines Testaments schrieb er, daß „man gelehrte männer
von der jugent an uffziehe und pflanze, die mit der zeit als predikan-
ten und fürsteher im rechten, wahren gotteswort gebrucht und uff-
gestellt möchten werden". Sein besonderer Wunsch war, daß für das
Offenburger Predigeramt ein tüchtiger Priester herangezogen werde.
Deshalb vermachte er dem Rat und der Gemeinde Offenburg 500
Gulden. Von den jährlichen Zinsen im Betrag von 20 Gulden sollte
ein armer Schüler studieren. Dieser, den Rat, Kirchherr und der jeweilige
Prediger auswählten, mußte folgende Eigenschaften besitzen :
mindestens 16 Jahre alt, züchtig, guten Wandels, gelehrsam, ehelich
geboren und „von jugend her bey der lehr und schul uferzogen". Dann
wird der Studiengang, der auf einer approbierten Universität seinen
Ablauf nehmen soll, genau vorgeschrieben. In den ersten zwei
Jahren soll er die freien Künste studieren und dieses Studium mit
dem Bakkalaureat beschließen. Nach zwei weiteren Jahren soll er
den Magistertitel haben. Nachdem er in diesen vier Jahren bereits
auch die „litteras sacras besichtigt" hat, soll er sich zwei Jahre lang
der Theologie widmen. Will er zum Doctor theologiae promovieren,
soll ihm das Kollegium, das ihn zum Studium ausersehen hat, noch
zwei weitere Studienjahre bewilligen. Dieses Kollegium soll während
des ganzen Studiums ein Augenmerk auf ihn haben. Erfüllt er die
auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht, so soll ihm das Stipendium
genommen und einem anderen zugewendet werden. Die Früchte des
Stipendiums sollen der Stadt Offenburg zugute kommen; denn der
für das Priesteramt Vorbereitete soll in Offenburg die „Kanzel und
das Predigeramt" versehen. Damit eine gute Amtsführung gewährleistet
wird, verlangt Ersam ausdrücklich, daß der Prädikant nicht mit
Nebenämtern „beschwert" werde. Sollte sich aber nach Beendigung
seines Studiums in Offenburg keine Möglichkeit für seine Verwendung
bieten, dann sollte er anderswo eine Stelle antreten dürfen,
mußte jedoch das genossene Stipendium im Laufe der Jahre zurückbezahlen
. Dazu sollte er auch verpflichtet sein, wenn er zur neuen
Lehre übertrat. Und sollte der Offenburger Rat aufs neue der katholischen
Kirche den Rücken kehren —■ „da Gott versehe und ich nit
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