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müsse. „Aber die Unterhaltung des Weges bis zu dessen Einmündung
in die Fahrstraße muß der Käufer übernehmen!" Also forderte der
Bauer Rheinschmitt, Bernhards Vater.
„Wir können ihn fragen", kam ihm der Bürgermeister entgegen, „ich habe ihn
einbestellt."
„Du hast's scheints eilig!" rief bissig Rheinschmitt. Der Makler erschien, der
Bürgermeister teilte ihm den Antrag Rheinschmitts mit.
Mit deutlichem Spott antwortete ihm der Makler: auch bei aller Würdigung
von Herrn Rheinschmitts sicher ohne böse Absicht hereinspielenden Gründen dürfe
er ihn doch vielleicht fragen, ob er selber einen derart ausgeschundenen Weg,
der nicht einmal in des Käufers Eigentum übergehen solle, etwa ausbessern
würde?
„Kaufet doch den Weg und das ganze Gelump, durch das er führt, dazu!"
Der Makler tat erstaunt: „Ich habe auf die Heideröschen nicht angetragen,
müßte also, falls Herr Rheinschmitt der Gemeinde Meinung vertreten sollte, meinen
Auftraggeber befragen — wenn er inzwischen, wie verabredet, gekommen ist."
Die Bürger, Rheinschmitt ausgenommen, nickten.
„Wenn ihr ihn zur Hand habt, dann versucht es immerhin!" entschied der
Bürgermeister. Der Makler ging. Der Bürgermeister sprach weiter: „Es wäre nicht
uneben, wenn wir das ganze ,Gelump', wie mein Vorredner zutreffend bemerkt
hat, losbekämen."
„Soll das ein neuer Antrag sein?" frug Rheinschmitt streitlustig.
„Er gehört zur Sache!" gab der Bürgermeister dagegen.
„Er geht über die Tagesordnung hinaus!" beharrte Rheinschmitt.
Die anderen Bürger griffen ein: Rheinschmitt solle vernünftig sein, mit Kleinlichkeit
komme man nicht weiter.
Der Makler war zurück: „Mein Auftraggeber fragt, ob die Gemeinde als Gegenleistung
für den instandzusetzenden und zu unterhaltenden Abfuhrweg die Trockenlegung
des Steinbruchs, also Abgrabung des Wassers im darüberliegenden Bosch,
übernimmt?"
Das möchte uns recht teuer kommen!" widersprach der Bürgermeister.
„Ja, soll denn der Bosch mitverkümmelt werden?" fuhr Rheinschmitt dazwischen
. „Ist das notwendig?"
Der Bürgermeister wollte antworten, der Makler winkte ihm ab: „Soviel muß
ein Kind verstehen, daß der Steinbruch auch in Richtung nach oben genützt
werden muß. Der Bosch, Herr Rheinschmitt, ist der Schlüssel des Bruches!"
Rheinschmitt brachte einen neuen Gedanken: „Man müßte einen Sachverständigen
hören!"
Wieder griff der Makler ein: „Mein Auftraggeber ist doch wohl sachverständig,
wenn aber die Gemeinde einen Gutachter bezahlen will..."
„Genug!" rief der Bürgermeister. „Das ist leeres Stroh. Wie stellt sich Euer
Auftraggeber zum Zukauf des Ödlandes?"
Zögernd antwortete der Makler, es sei ja wohl ziemlicher Abraum zu erwarten
...
„Wieviel also bietet er?"
„Acht Groschen für die Rute."
„Fünfzehn!" forderte Rheinschmitt.
„Zehn!" bot der Makler und wandte sich zum Gehen.
„Wartet im Bürgersaal!" bat der Bürgermeister und ging, nachdem der Makler
abgetreten war, Rheinschmitt an: „Der Bosch gehört zum Bruch wie die Wiese
zur Kuh. Ist dir das klar?"
„Sehr!" grinste der Gefragte.
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