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klage, und vier Jahre später saß der rote Hahn auf dem kleinen
Dorf271).
In Leiberstung hatten die Leute mit eigenen Mitteln, Fuhren und
Zufassen ein Wendelinuskirchlein gebaut — aber seit Jahren wurde
ihm die Weihe versagt, und das ganze einsame Walddorf war enttäuscht
und verbittert272).
Das Jahr 1726 brachte eine derartige Mißernte, daß ein Viertel
(Sester) Weizen fünf Gulden kostete und manche Leute nicht einmal
genug Brot zu essen hatten273).
Im Februar von 1727 erschreckte ein starkes Erdbeben die ganze
Markgrafschaft, und man fing aufs neue an, von „schlimmen, okkulten
Mächten" zu flüstern274).
Alle diese Dinge warfen recht dunkle Schatten nicht nur auf das
Denken der Leute, sondern auch auf die Fürstenpracht des neuen
Klosterbaues.
Nicht nur mutmaßliche Schatten und Antipathien, sondern eine
wirkliche, tief bedauerliche Tragik hatte der sowohl peinliche, wie
kostspielige Territorialprozeß zur Folge. Der gegenseitige Ton der
Parteien war derart, daß sich das Reichskammergericht 1726 genötigt
sah, ,,die gebrauchten impetrantischen, respektive unziemlichen und
schmähhaften Anzüglichkeiten ernstlich zu verweisen und anzubefehlen
, die rechtliche Nothdurft an diesem höchsten Gericht mit
mehreter Beschaidenheit vorzubringen"275).
Ein typisches Beispiel von der Art dieser Prozeßführung ist das
tendenziöse, sowohl historisch wie topographisch unzuverlässige
badische Protokoll von 1727, dem man gerade für die Feststellung
der ursprünglichen Territorialgrenzen von seiten der badischen Regierung
besondere Bedeutung zuschrieb.
Zunächst wird darin sogar durch Unterschriften „bezeugt", daß
der an Leiberstung und Stollhofen vorbeifließende kleine Fluß in
allen seinen Teilen immer nur der Sulzbach hieß; Tatsache ist, daß
sich unterhalb der Heckenmühle der Schwarzacher Bach mit dem
Sulzbach vereinigt und daß von dort an bis Söllingen einer der
Mündungsarme Schwarzwasser hieß und heißt.
Ferner wurde „bezeugt", daß der Bach, an dem das einstige Vel-
dern (Vallator) und seine Plauel lag, immer Schwarzacher Mühlbach
I71) Gemeindearchivalien von Hildmannsield bzw. Schwarzach.
27a) Gemeindearchivalien von Leiberstung.
!") Kast, Mittelbadische Chronik, 1934.
2") Kast, Mittelbadische Chronik, 1934.
S75) Badisch-Durlachische Prozeßschrift, Beilage 2.
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