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bar war, auch das Holz ganz mürb war, so daß es durch Zutritt der
Luft beinahe ganz zerfallen.
Es befand sich darinn die Form eines in etwas Seidenzeug eingewickelt
geweßten zusammengefallenen Herzen mit einigen, in
Staub zerfallenen Kräutern ohne einige Innschrift oder sonstige Anzeige
, woher man hätte abnehmen können, wem dieses Hertz müße
angehöret haben, wobei aber der hier oben bemeldte Stifts Vicarius
und Professor Herr die Bemerkung gemacht, es seye nach seinem
Vermuthen dieses das Herz Weiland der Frau Prinzeßin Maria
Franzisca von Fürstenberg, des Prinzen Leopolds Wilhelms zweiter
Gemahlin, alswelche nach einer fragmentarischen Baadischen Geschichte
im Stifts Archiv pag. 1254 im Jahr 1702 verstorben und im
Stift dahier begraben worden, wobei man vermutlich ihr Herz dem
Herzen ihres Herrn Gemahls und Sohns beigestellt habe.
Da dieses Herzkästchen so sehr zerfallen war, so wurde ein neues
von Eichenholz schon vorhin bestellt, mit 16 Schrauben zugerichtet,
das alte mit schwarzen Banden umwunden und in das neue verschlossen
. Hierauf wurden die 3 Hochfürstl. Herzen auf einem rot
sammetnen Polster aus diesem Gewölbe vor den Stifts Pfarr Altar
von obgenanten getragen, auf einen hiezu gerichteten und mit den
Hochfürstl. Insignien versehenen Credenz Tisch gestellt, von dem
Custos und Stadtpfarrer Lechleitner secundum ordinem Ecclesiae
unter Assistenz von 4 Ministranten, unter Abbetung des Psalm 129
cum oratione consueta eingesegnet, aspergirt und incensirt. — Während
dem war des Obervogts Waagen am Haupt Portal der Kirche
vorgefahren, in welchen sich die obengenante sezten, die Hochfürstliche
Herzen nebst Insignien zu sich nahmen und damit langsam
und in aller Stille nach Lichtenthai fuhren, nachdem man schon vor
einigen Tagen dahin das nötige erlassen und Rükantwort erhalten
hatte.
Sobald man zu Lichtenthai den Waagen sich näheren sah, so
wurde das Zeichen mit der Gloke gegeben. Als der Waagen am
Thor hielt, so wurden die Hochfürstliche Herzen und Insignien auf
einen hiezu bereiteten Credenztisch gelegt, von der Frau Abtißin,
Priorin, Convent und Beichtvatter mit aller Devotion auf Anrede des
Obervogts empfangen und hierauf nach dem Kirchen Gebrauch abermals
eingesegnet. Unter Läutung der Kloster Gloken gieng die Processen
in folgender Ordnung nach der Klosterkirche: Ein schwarz
behängtes Kreutz, die Beuermer Schuljugend, der die Frau Abtißin
an diesem Tag ein Allmosen reichte, das schwarz behängte Convent
Kreuz, die Klosterfrauen zwey und zwey mit brennenden Wachs-
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