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ihrer Mutter, einen kühnen Streich. Während eines Aufenthaltes in
Nizza verliebte sie sich in den Marquis William von Douglas,
den ältesten Sohn des Herzogs von Hamilton, der dem schottischen
Hochadel angehörte, reich, angesehen und mit den Stuarts verwandt
war. Da nahm sie ohne Rücksicht auf Stephanie das Verlöbnis zurück
und kannte nur einen Wunsch: sich recht bald mit William zu
vermählen. Die Trauung fand wirklich am Abend des 23. Februar 1843
in der Schloßkirche zu Mannheim statt. Wenn auch enttäuscht,
widersetzte sich die fürstliche Mutter doch nicht dem augenscheinlichen
Glück ihrer Jüngsten. Der Karlsruher protestantische Hofprediger
segnete zuerst die Ehe ein, dann vollzog ein anglikanischer
Geistlicher dieselbe Amtshandlung. Die Hochzeitsreise, die über
Italien, Paris und London führte, hatte als Ziel das schottische
Heimatschloß der Hamilton.
Nach dem Urteil der Herzogin Dorothea von Dino war die Mar-
quise von Douglas sehr beglückt über ihren schönen Gatten. Aber
es war kein tiefes, festes Glück, dafür waren beide zu leichtlebig
und durch äußere Güter und Verhältnisse verwöhnt.
Als Williams Vater, der 10. Herzog von Hamilton, am 18. August
1852 aus dieser Welt schied, gingen Name und Titel auf seinen
ältesten Sohn über, und Marie nannte sich künftig: Herzogin von
Hamilton.
Als verheiratete fürstliche Dame stand sie nun noch mehr im Getriebe
der großen Welt und „erlebte Geschichte". 1852 bestieg Louis
Napoleon, den sie nie vergessen hatte, den französischen Kaiserthron
, und 1853 erkor er die liebreizende Gräfin von Teba, Eugenie,
zur kaiserlichen Gemahlin. Zuerst war Marie außer sich vor Bestürzung
und zürnte dem Herrscher, daß er sich so verwegen über
die Standeserfordernisse hinweggesetzt, und grollte der erwählten
Herrscherin, daß sie den höchsten Rang so leichthin angenommen. Ihr
Grimm war aber nur vorübergehend; aus der feindlichen ward eine
freundliche Gesinnung, und sie verkehrte mit der Kaiserin in treuer
Freundschaft, die sie später mehrfach als lieber, gern gesehener
Gast im Palais Hamilton zu Baden-Baden besuchte.
Am 14. Juni 1856 feierten Stephanie und die Hamiltons ein jubelvolles
Fest mit dem Kaiserpaare in Paris: die Taufe des Thronfolgers
in Notre-Dame. Kaiserliche Prachtentfaltung, stürmische Begeisterung
! Und dazu die Großartigkeit der immer schöner werdenden
Weltstadt!
Doch ist diese Erde für die Fürstlichkeiten durchaus nicht immer
getaucht in strahlendes Licht. Noch nicht vier Jahre später, in der
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