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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
34. Heft.1954
Seite: 92
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Auffallend reich ist das Abtsmuhr an sehr alten Sagen. Wohl die
älteste ging im Elet am Ostrand des Klosterwaldes um: „es wuchs
dort eine Pflanze, deren Namen noch niemand kannte, doch sei es
eine weiße Lilie gewesen; wer auf sie trat, verirrte sich". Der Inhalt
dieser Sage stammt aus dem altirischen „Mysterium de flore". In
den alten iro-schottischen Niederlassungen, in Sulzburg, St. Johann,
Neuweiler, Altdorf, Feldbach und Lautenbach im „valle des fleurs",
und auch in Schwarzach kannte man diese Sage; denn entweder
wurde an diesen Orten die geheimnisvolle Blume ein Bestandteil
der „magischen Linie" an den Außenwänden ihrer romanischen
Kirchen, oder sie kehrt wieder an den Säulenkapitälen wie auch in
Schwarzach sowohl im Klostermünster wie im einstigen Kreuzgang;
hier trafen sich Symbol und Sage356).

Aus der gleichen fernen Mysteriumswelt stammt auch die sogenannte
Tiefenauer Sage. Die Tiefenauer, die in einem Wasserschloß
am Nordostrand vom Abtsmuhr hausten, standen als Lehensleute in
enger Verbindung mit der Schwarzacher Abtei und hatten dort wohl
auch den Urgrund ihrer Sage kennengelernt. Sie lautet also: „der
Urahne ihres Geschlechtes hatte in der Martinskapelle zu Sunenes-
heim ein Licht gestiftet, das nie erlosch; als dann später die Herren
von Hohenbaden den Schwarzacher Dinghof zu Sunenesheim samt
der Kapelle abkauften, um in den Besitz der wunderbaren Lampe zu
kommen, ging sie aus für immer". Eine ähnliche Sage erzählt Stoeber
aus Kaysersberg: „im dortigen Walde hütete einst ein Knabe in
langem, weißem Rock kostbare, vergrabene Schätze und trug des
Nachts in der Hand ein Licht, das nie erlosch; man wollte es ihm
nehmen, um den Schatz zu finden, da erlosch es für immer". Diese
Sage stammt aus der „Heliaslegende" in der „vita St. Patricii, an die
die Iro-Schotten ein frommes Gedenken an den Rhein mitgebracht
hatten. An diese Helias- oder Sonnenlegende erinnert auch der ursprüngliche
Name von Sinzheim, „Sunenesheim"; das ahd. sunna,
das altenglische sun und das altirische sygil haben die gleiche indogermanische
Wurzel saw = leuchten, geheimnisvolles Licht357).

Aus der Zeit der germanischen Landnahme unseres Gebietes
stammen die Sturmnachtsagen: „an mehreren Stellen des Abtsmuhr
lärmt das wilde Heer mit Peitschenknall und Hundegebell durch die
zwölf heiligen Winternächte; bisweilen ruft der ewige Jäger: habt
ihr mein Hündlein gesehen — hinten und vornen geschoren — mit
zwei lappigen Ohren? —". Diese Sage schmückt, in Stein gehauen,

35fl) Jan Fastenau, Romantische Bauornamentik in Süddeutschland.
Stöber, Elsässische Sagen, und Maurer, Die Sagen des Elsaß.

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