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Oberrhein erhalten. Die eine sind die ehemaligen Beichtstühle der
abgetragenen Abteikirche zu Ettenheimmünster, die im
gotisch empfundenen Frühbarock erbaut war und deren Inneneinrichtung
große Verwandtschaft mit der Klarheit und Straffheit der
Renaissanceformen hatte. Ein Teil der Beichtstühle ist in der dortigen
Landolinskirche aufgestellt. Die zweite Parallele ist das Chorgestühl
zu Rheinau bei Schaffhausen mit der gleichen vornehmen
Symmetrie und der gleichen Freude an naturalistischen Blumenranken
.
Die rührige Kunstschule hat auch das Beichtgestühl in der Schwarz-
acher Münsterkirche erstellt.Was davon übrigblieb, ist quantitativ
sehr wenig, aber qualitativ eine sehr große Kostbarkeit, nämlich
ein Aufsatz mit der nächtlichen Reueszene des Petrus nach
der Verleugnung des Herrn. Der Apostel sitzt vor einer großen,
stilistischen Ranke — seine Hände sind schmerzlich verkrampft,
die Wangen eingefallen, die Augen von Tränen geschwollen, der
Mund ist klagend geöffnet und das Gesicht, in später Erkenntnis und
Schrecken erstarrt, zur Seite gewendet, wo der Hahn zum drittenmal
kräht. Eine Kartusche erzählt mit drei Worten das bekannte
Ende der Nachtszene: „Petrus flevit amare — Petrus weinte bitterlich
—." Sowohl die Komposition wie die meisterhafte Darstellung
der starken seelischen Erregung sind an dem kleinen Kunstwerk,
das heute in eine Türe des nördlichen Querschiffes eingelassen ist,
überraschend.
Vielleicht stammten aus der gleichen Künstlerhand auch die reizenden
Tieridyllen, die einst die Brüstung der Seitenemporen
zierten — ganze Taubenscharen umflogen und umgürten ihre Nester
im Rankenwerk — ein Fuchs hielt gefährliche Zwiesprache mit den
Hühnern — am Uferrand eines Baches ergingen sich im niedrigen
Schilf hochbeinige Bachstelzen — auf der Froschwiese stolzierten
Störche umher und suchten die Mahlzeit für sich und die Kleinen
des Nestes in schwindelnder Höhe. Leider gingen diese Schnitzarbeiten
beim Abbruch der Emporen verloren.
Unter diesen Emporen der Seiten- und Querschiffe hatte einst der
Barock 24 Kapellen errichtet. Von ihrem Schmuck nennt die
Klosterchronik einen Kreuz-, Rosenkranz-, Benediktus-, Sebastians-,
Täufer-, Jakobus-, Plazidus-, Blasiusaltar, einen Altar der hl. Katharina
, Barbara und Ottilia, einen Altar der hl. Ursula, Luzia und Agnes
, einen Marienaltar, einen Mutter-Anna-Altar, einen Johannesaltar
und einen Dreikönigsaltar, dazu vier Altäre in den Kapellen
und in der Sakristei. Der heutige Mensch steht zwar fast fassungslos
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