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Die Klostergüter vermehrten sich ständig durch Schenkungen unter Lebenden
(fast immer in Form eines Leibgedings) oder durch letztwillige Verfügungen für
das Seelenheil der Schenkenden. Mit diesen waren Verpflichtungen wie Abhaltung
von Jahrtagen und dergleichen verbunden. Allmählich wurden diese schwer übersichtlich
bei der großen Menge und der weiten Streuung solcher Vermächtnisse.
Zuweilen waren sie auch andern Rechtsverhältnissen unterworfen als die in der
Klosterherrschaft üblichen. Deshalb wurden die Einkünfte aus solchen später gesondert
verwaltet. Ihre Gesamtheit hieß „das Seelgerecht, Seelgerait, Seelgeret,
Seelrecht oder die Seelgerechty"80), und deren Verwaltung an den Klosterhöfen
„Kleinkammerei"81). Ihre übergeordnete Stelle war das „Kleinkammerei-Amt" in
Gengenbach82), nach dem Dreißigjährigen Krieg „Unterschaffnei" genannt83). Diese
Verwaltungseinteilung muß schon 1334 bestanden haben; denn von den beiden
Camerarii betreute der eine das Großkammerei-Amt, der andere das Kleinkammerei
-Amt. Die genaueren Unterlagen kennen wir jedoch erst seit dem
16. Jahrhundert. Indes genügt auch dies nicht, um uns völlig über deren Organisation
in einzelnen aufzuklären. Gab es an jeder Curie eine Kleinkammerei-Ab-
teilung oder nur an einigen? In diesem Fall mußten die Kleinkammerei-Gefälle
aus den Nachbarcurien bei diesen gesammelt werden.
Ausdrückliche Nennung als Kleinkammerei fand sich bei folgenden Curien:
Schönberg bei Gengenbach, „in der Geißhut" im Haigerachtal, Dinglingen, Ichenheim
, Dundenheim84).
Ichenheim und Dundenheim liegen nebeneinander. Warum sollen nur hier zwei
Kleinkammereien unmittelbar benachbart sein und sonst in weiten Räumen überhaupt
keine? Diese Überlegung genügt, um zu erkennen, daß wohl fast an allen
Curien eine Kleinkammereiabteilung war.
Die noch vorhandenen Beraine der Seelgerechtei zeigen eine sorgfältigere Zuverlässigkeit
als die Güterverzeichnisse des Großkammereiamts. Urkunden und
sonstige wichtige Aufzeichnungen dieses Bereichs wurden in einem besonderen
Kopialbuch gesammelt: im Gengenbacher Kopialbuch Nr. 626 im GLA. Karlsruhe,
begonnen im 14. Jahrhundert.
Aber ganz so einfach, wie es nach diesem Grundriß zu sein scheint, war die
Oberverwaltung in Wirklichkeit nicht. Wohl gingen die Einkünfte aus der Hauptmasse
der Güter an die beiden Kammereiämter, welche daraus die Gastfreundschaft
(hospitalitas), die bischöflichen Rechte, die Vogteigelder, die Mönchspräbenden in
Brot und Wein, ihre gesamte Land- und Bauwirtschaft, den Unterhalt des gesamten
Klostergesindes, und ganz allgemein alle Lasten und Schulden des Klosters zu bestreiten
hatten. Aber neben diesen beiden Hauptämtern gab es noch andere Kloster-
80) Nur Gefälle aus Seelrechtstiftungen enthalten die Beraine: Colligend über die Gotteshauß
Gengenbacher Seelgerechty gefalle, 1524 bis 1594, B 2795/2802, worin alle Ortschaften des Gengenbacher
Herrschaftsbereichs vertreten sind; ebenso bei B 2807 von 1587/88; aus der Gengenbacher Gegend
B 2816 (1656), B 2825 (1731); dasselbe wie in B 2816 findet sich auf einer Blätterlage des B 2819 (1656
und später) im Quartformat, eingeschoben nach S. 397 mit Foliierung. Die Seitenzählung wurde später
nachgetragen und geht bis S. 518. »') B 2809 von 1597. 8!) Ebenda.
83) Erneurung über die Gottshauß Gengenbachischen Unterschaffneigefälle, das Seelrecht genannt,
B 2816 von 1656; ebenso B 2818/19 von 1656, 1681, 1693; B 2825 von 1731 und sonst.
") B 2809 von 1597.
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