http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1958/0094
Nun pfeift er in die Nacht hinaus,
da heults im Sturm der Tür entgegen —
ein schwarzer Hund hetzt in das Haus,
aus seinem Felle sprüht der Regen.
Schon stehn die beiden in der Stub',
die Frau ist auf den Tod erschrocken,
der Fremde streicht dem kleinen Bub
ganz freundlich durch die Locken.
Ach, wie der Bub so sorglos lacht —
da hört die Frau den Grünen bitten
um Brot und Ruhstatt für die Nacht
für sich und seinen düstern Rüden.
Die Mutter klagt von ihrer Not,
von Armutei und Hungerleben,
ein Tropfen Milch und trocken Brot
ist alles, was sie hat zum Geben.
Der Fremde hört ihr lächelnd zu,
sein Riesenwindspiel hechelt träge.
Dann sagt er ernst: „Weib, höre du,
dir blüht das Glück an deinem Wege.
Wem nicht sein Blut im Kinde lacht,
dem fehlen Brot und Salz im Leben,
des Goldes alle Macht und Pracht
sind trügerischer Schein daneben."
Dann greift er hungrig nach dem Laib
und schlürft die Milch mit Wohlbehagen.
In halben Ängsten fährt das Weib
noch fort, von seinem Leid zu klagen.
Schon läßt das böse Wetter nach,
und nur sein Donner grollt noch ferne,
dann wird es stiller unterm Dach,
am Himmel glüht das Heer der Sterne.
II
Schon hebt der Grinderücken sich
gewaltig aus der fahlen Helle,
fast greifbar nah und feierlich,
da steht der Fremde auf der Schwelle.
Sein Auge leuchtet seltsam grün
herüber durch das Stubendämmern.
Die Frau hört in den Adern drin
das Blut wie wild zum Herzen hämmern.
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