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wurde vom Feind umzingelt und beschossen. 6000 Bauern aus der Umgebung
mußten Belagerungsgräben ausheben und Brücken bauen. Am 9. März wurde Kehl
nach tapferer Gegenwehr eingenommen. Der Feind hauste nun in der ganzen
Gegend wie in den früheren Jahren. Kriegslieferungen, Schanzarbeiten nahmen
kein Ende.
Am 4. Januar 1707 starb Ludwig Wilhelm, 51 Jahre alt. Nach seinem Tode
nahm alles eine traurige Wendung. Marschall Villars durchbrach die Stollhofer
Befestigungen. Wiederum hauste der Feind im Hanauerland und in der Ortenau.
Im letzten Kriegs jähre 1713 marschierten die Franzosen nach dem Rheinübergang
von hier aus gegen Freiburg und nahmen diese Festung im Oktober ein. Die
letzten feindlichen Gewalttaten und Erpressungen führten zur allgemeinen Armut
und tiefem Elend. Die Friedensschlüsse zu Utrecht und Rastatt beendigten 1713/14
das lange kriegerische Ringen.
Im polnischen Erbfolgekrieg (1733—1735)
Zwanzig Jahre hatte der Waffenlärm am Rheine geruht. Da entfachte der Erbfolgestreit
in Polen einen neuen Krieg, in dem wiederum die schwergeprüfte
Ortenau unter den Brandschatzungen der Feinde zu leiden hatte. Ehe man nur
daran dachte, stand im Oktober 1733 ein französisches Korps vor der Reichsfestung
Kehl. Der Kommandant der schwäbischen Besatzung hatte, um sich rasch
vor dem Überfall der Feinde zu verproviantieren, seine Soldaten in die umliegenden
Dörfer geschickt. Hier spannten sie den Leuten das Vieh auf der Straße
und im Feld vom Wagen und Pflug und führten es in die Festung. Die Franzosen
führten 100000 Mann an den Rhein. Gegen solche Macht konnte die unvollständig
ausgerüstete Reichsarmee unter dem alten Prinz Eugen nicht viel ausrichten
. Ungehindert trieben die Franzosen in der Ortenau Kontributionen ein. Als
die 70000 Mann zählende Armee des Prinzen Eugen bedeutend verstärkt wurde,
trieb dieser die Feinde über den Rhein zurück. Einige Zeit lagen die Reichstruppen
in den Dörfern bei Kehl und bedrückten die Bewohner durch unerlaubtes Gelderpressen
, Abgaben von Lebensmitteln und häufiges Vorspannen. Die Gemeinde
Goldscheuer zahlte im Jahre 1736 für Einquartierungen und Kontributionen
1047 Gulden. Im Jahre 1735 kam der Friede zustande; aber die Truppen zogen
erst 1736 ab.
Im österreichischen Erbfolgekrieg (1741—1748)
Die Frage der Thronfolge in den habsburgischen Ländern führte einen weiteren
Krieg herbei und erneuerte die früheren Jammerszenen am Rhein, österreichische
und ungarische Truppen standen 1743 ein ganzes Jahr lang bei Freiburg, Offenburg
und Ettlingen und bewachten den Rhein. Am 11. August 1744 gelang es den
Franzosen, zwischen Kehl und Goldscheuer eine Brücke zu schlagen. Die über den
Rhein gesetzten Truppen wurden jedoch von den bei uns und in der Umgebung
liegenden Husaren verjagt. 1746 und 1747 lagen österreichische Truppen in
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