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es sich hier um einen solchen Wachtturm. Nicht weit weg davon ist das Gewann
Höfl, das doch sicher mit Hof zusammenhängt. Der Loseberg war offenbar Gemeindegut
, wo die Grundstücke verlost wurden. Haul ist gleich dem hochdeutschen
Halde, Dursthaul und Dörry sind Plätze, wo die Sonne fest hinbrennt. Der Satz ist
ein Stück Boden, auf dem Reben neu gepflanzt wurden, sonst findet man häufig
die Bezeichnung Niusatz, vergleiche den Ort Neusatz. In Karrenbach steckt das
keltische scar = steinig, das auch in Schartenberg verborgen ist. Der Karrenbach
ist dem Simmelberg benachbart, dem Hexenberg, wo der Sage nach in der Walpurgisnacht
die Hexen zum Tanze antraten; simmel kommt von mittelalterlichem
sinewel = rund. In Ammelbach ist derselbe Sinn zweimal ausgedrückt, man hatte
vergessen, daß Ammei Wasser bedeutet. Ammei ist ein uraltes Wort, das verwandt
ist mit ammer (vgl. Ammersee) und mit dem lateinischen imber (Regen).
Das Ammelbächle plätschert durch eine Talmulde, die sich zu den heiligen Steinen
hinaufzieht und dort oben allmählich verliert. Man nennt diese Gegend auch
Bärenstrich, eine Erinnerung an die Zeiten, da noch Bären im Schwarzwald herumstrichen
, so wie das Gewann Wolfshag daran erinnert, daß man sich einstens gegen
die Wölfe wehren mußte. Ich habe von den Flurnamen nur eine bestimmte Anzahl
herausgegriffen. Es wäre aber eine lohnende Aufgabe, sie alle insgesamt, ob im
Lageplan aufgezeichnet oder im Volksmunde überliefert, aufzuzeichnen, zu erläutern
und als kostbares, geschichtliches Sprachgut der Nachwelt zu erhalten.
Ähnlich verhält es sich mit den Dorfsagen. Auch sie dürfen nicht der Vergessenheit
verfallen, da sie Einblick geben in das Denken und Fühlen des Volkes.
Darum gebe ich einige wieder.
Zur Zeit, da noch das obere Schloß stand, irrte dann und wann ein Licht durch
die Gänge und Räume. Es war eine arme Seele, die nicht Ruhe finden konnte. Später,
als das Schloß abgebrochen war, geisterte das Licht in den noch stehenden Wirtschaftsgebäuden
umher. Die Tiere wurden so erschreckt, daß man sie zu keiner
Arbeit mehr gebrauchen konnte. Ein herzhafter junger Mann entschloß sich, das
Licht anzureden: „Wenn du ein Geist bist, helfe ich dir, ich erlöse dich." Und siehe,
er hatte das richtige Zauberwort gefunden. Der Spuk blieb verschwunden dank
der Opferbereitschaft.
Im unteren Schloß war früher einmal ein Edelfräulein in der Blüte ihrer Jugend
gestorben. Unglückliche Liebe hatte ihr das Herz gebrochen. Der Tod hatte ihr
keine Heilung von ihrem Schmerz gebracht. Zu gewissen Zeiten hörte man ihr
Klagen in nächtlicher Stunde. Besonders in der Christnacht jammerte sie herzergreifend
. Erlösung fand sie erst, als ein Junker seinen Tod ihr aufopferte.
Zwei Mädchen von Neuweier waren in den Wald gegangen, der Yburg zu. Plötzlich
sprang ein schwarzer Pudel um sie herum. Sie spielten mit ihm, so daß sie
vom Wege abkamen und sich verirrten. Stunden vergingen, und immer noch hatten
sie den Weg nicht gefunden. Müde setzten sie sich ins Gras und begannen zu
beten in ihrer Angst. Nach ihrem Gebet war der Pudel verschwunden und mit ihm
der ganze Spuk. Wie ein Schleier fiel es von ihren Augen. Sie wußten auf einmal
, wo sie waren, und fanden den Weg nach Hause zurück.
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