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schäftige Kanonikus des Stiftes auf, von dem wir sieben Jahre zuvor
gehört haben, als er in ähnlicher Weise solch einen Handel um eine
Gült mit der Bruderschaft machte.
Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts tritt eine lange Pause in den
urkundlichen Hinweisen auf die Badener Bruderschaften ein: erst
wieder im Jahre 1656 finden wir eine Urkunde, die von einer Bruderschaft
berichtet. Diese Lücke in dem Bestand von alten Badener Dokumenten
ist kaum ein Zufall. Denn in jenen Zeitraum zwischen 1501
und 1656 fällt die Reformation, fallen die Jahrzehnte, in denen die
Baden-Badener sechsmal ihren Glauben wechseln mußten, weil nach
der Rechtsauffassung des 16. und 17. Jahrhunderts der Grundsatz
cuius regio, ejus religio galt: die Untertanen hatten dem gleichen
Bekenntnis anzugehören, zu dem ihr Fürst sich bekannte; wechselte
er den Glauben, was nicht immer durch religiöse Zweifel verursacht
wurde, so mußten auch die Bürger und Bauern ihre Konfession entsprechend
ändern. Dazu kommt, daß in Baden-Baden ein großer Teil
der Bürgerschaft, und nicht zuletzt die Handwerker, sich auch aus
religiöser Überzeugung der neuen Lehre zugewandt hatte und, als
die Gegenreformation einsetzte, erheblichen Widerstand leistete oder
mindestens insgeheim dem lutherischen Glauben treu blieb: auf jeden
Fall keine Lust hatte, sich freiwillig in Bruderschaften zusammenzuschließen
.
Trotzdem ist auffallend, daß erst das Jahr 1656 wieder eine Bruderschaftsurkunde
bringt. Man hätte erwarten dürfen, daß mindestens
nach dem Jahr 1622 solche Dokumente sich wieder einstellen. Denn
wir wissen, daß der Markgraf Wilhelm, als er nach der Schlacht von
Wimpfen 1622 aus der Emigration nach Baden kam und das evangelische
Baden-Durlacher Interim beendete, als eine seiner allerersten
gegenreformatorischen Maßnahmen die Gründung einer Bruderschaft
veranlaßte.
Die vorliegende, oben erwähnte Urkunde nun, vom 17. Dezember
1656, also acht Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges,
stammt demnach aus einer Zeit, als längst in der Markgrafschaft
Baden-Baden die Gegenreformation sich durchgesetzt hatte. Inzwischen
war in Baden-Baden auch eine weitere, die dritte Kirche
erbaut worden: die Kirche der Jesuiten, deren Kolleg Markgraf
Wilhelm gleich nach Übernahme der Herrschaft eingerichtet hatte.
In ihr hatte die Bruderschaft, von der die Urkunde spricht, ihren
Sitz: es ist wohl auch die vom Markgrafen gegründete Bruderschaft
gewesen. Sie scheint sich auch eines besonderen Ansehens erfreut
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