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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
39. Heft.1959
Seite: 49
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Recht und Gericht

Die alten Germanen kannten kein geschriebenes Recht. Sie urteilten nach alten
Urteilssprüchen, die sich mündlich von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten.
„Ding" war die Bezeichnung für die germanische Volks- und Gerichtsversammlung
. Der Gerichtsort hieß Ding- oder Malstätte. Im alemannischen Großgau
Ortenau war Kinzigdorf unterhalb des heutigen Offenburg der Sitz des Gaugrafen
und die Hauptdingstätte. Nach Abgang von Kinzigdorf wohnte der Gaugraf
und der spätere Landvogt auf dem „Stein" (Burg) Ortenberg. Als zweite
Malstätte in der Ortenau wird Ottenheim genannt. Auf diesen Gerichtsstätten
fanden sich sämtliche freien Männer zum Gaugrafengericht in der Regel zweimal
im Monat zusammen. Nach altdeutschem Brauch wurde der freie Mann nur von
seinesgleichen gerichtet. Zur Zeit der fränkischen Herrschaft wurde der Gaugraf
nicht mehr vom Volke, sondern vom König bestimmt. Auf dessen Befehl entbot
er den Heerbann, erhob Steuern und Strafgelder und übte die ordentliche Gerichtsbarkeit
aus. Bei den Gerichten wurde nicht mehr im Namen des Volkes, sondern
im Namen des Königs das Urteil ausgesprochen.

Fernerhin wurde seit Karl dem Großen das Gericht durch Einführung des
Schöffengerichts geändert. Die meist vorkommende Schöffenzahl ist 7, 3 und 12.
Ein Schöffe mußte von „beständiger Frömmigkeit, friedlicher Einigkeit und redlicher
Bescheidenheit, guter Sitten, wehrhaft, stillverschwiegen und ehrbaren
Wesens und Handelns sein".

Bei den Dorfgerichten werden die Schöffen Gerichtsleute genannt. Da die Beamten
des Gerichts vereidigt wurden, so kam im 13. Jahrhundert die Bezeichnung
„Geschworene" auf. Im 8. Jahrhundert wird die lex Alamannorum aufgezeichnet.
Das ist die vom Frankenkönig für die Alemannen geschaffene Rechtssatzung.

Die alte Dorf gerichtsbarkeit stand im Stab Goldscheuer der Gemeinde
zu. Das Dorf- oder Bauerngericht bestand aus dem von der Herrschaft
auf Lebenszeit angestellten Schultheißen und den Geschworenen. Im Jahr 1534
standen dem Bauerngericht vor: Kopf Wolf, der Schultheiß; die Geschworenen
Bez Clauß, Daniel Michel, Bechlins Hans, Meyerrs Lienhardt. Im Jahre 1611:
Georg Schantz, der Schultheiß, die Vierleut Diebolt Klem, Diebold Schneider,
Jakob Eckerlin, Gustav Kopf. Die Dorfgeschworenen nennen sich jetzt wie in
der übrigen Ortenau Vierleut, weil es gewöhnlich vier Männer waren. In den
Protokollen des 18. Jahrhunderts heißen sie häufig Gerichtsleute und setzen bei
ihren schwer leserlichen Unterschriften den Zusatz „des gerichts". Wie man aus
den langen Diätenverzeichnissen der Viermänner ersieht, führten sie die Aufsicht
über die verschiedenen Fronarbeiten an Straßen, Gewässern und Bauten, sorgten
in "den vielen Kriegen für Unterkunft und Verpflegung des Militärs, führten die
Aufsicht über die große Riedfahrtweide, beschauten, wie es so klangvoll heißt,
„den Frieden", d. h. besichtigten durch einen Umgang den grünen Hag, der die
Weide umschloß. Dafür reichten sie hohe Diätenverzeichnisse ein, so z. B. im
Jahre 1806: Johann Krieg zu Kittersburg 121 fl., Johann Schäfer zu Marlen 99 fl.,
Xaver Fien zu Goldscheuer 131 fl. Im Jahre 1424 bekunden die Bürger beim Amt
zu Ortenberg, daß das Gericht von alters her in Kittersburg und nie in Marlen

4 Die Ortenau

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