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Amt bekleiden konnten und am Genuß des Gemeindevermögens Anteil hatten.
Sie allein konnten liegende Güter besitzen, mußten aber auch Steuern und Frondienste
leisten. Den Hintersassen kamen diese Eigenschaften nicht zu. Um Berechtigung
für ihren Aufenthalt im Bezirk zu erwerben, mußten sie ein Schutzgeld
an die Herrschaft entrichten, ebenso eine Gebühr an die Gemeinde. 1781
zahlten die Hintersassen David End, Georg Gally und Johannes Hermann als
Schutzgeld jeder 2 fl. in die Gemeindekasse Goldscheuer. Wenn die Herrschaft den
Hintersassen den Schutz entzog, so mußten sie den Wohnort verlassen. Sie besaßen
weder Haus noch Feld und lebten von gepachteten Grundstücken als
Handwerker und Taglöhner. Dabei konnte der Schutzbürger ein wohlhabender
Mann sein.
Die neuen Bürger wurden früher bei den jährlichen Herrengerichten aufgenommen
. Der Bewerber mußte eine Bescheinigung von seinem Herkommen und seiner
ehelichen Geburt vorlegen, auch darüber, daß er und seine Frau nicht leibeigen
waren. Nach der Aufnahme wurde er mit einem guten Unter- und Obergewehr
und einem Feuereimer versehen. Als Bürgergeld zahlte ein Fremder aus einer
nicht freizügigen Herrschaft seiner Herrschaft 12 fl., der Gemeinde Hfl., dem
Vogt 1 fl. Ein Fremder aus einer freizügigen Herrschaft gab insgesamt 12 fl., ein
Einheimischer nur 7 Schilling.
Heute zahlen einheimische Bürgersöhne für Erwerbung des Bürgerrechts 6 DM
Aufnahmegebühr.
Der Gemeinderechner
In alter Zeit gab es neben der richterlichen Behörde, dem Schultheißen, eine
besondere Verwaltungsbehörde, deren Vorsteher waren die Heimburger, später
Bürgermeister genannt. Als die genannten Behörden vereinigt wurden, behielt der
Heimburger nur die Geldgeschäfte der Gemeinde. Die Heimburger wurden alljährlich
wie die andern Gemeindediener vom Ortsgericht gewählt. Gerichtsmann
Johannes Krieg trug 1805 in sein Diätenverzeichnis ein: Am 27. Dezember haben
wir die Heimburger, Kirchenrüger und Bannwarte erwählt. Seitdem der Gemeindevorsteher
nicht mehr Schultheiß, sondern Bürgermeister heißt, führt der
Verwalter der Gemeinderechnung den Namen Gemeinderechner oder Verrechner.
Lange Zeit hatte die Stabsgemeinde Goldscheuer drei Heimburger. In der Riedfahrtrechnung
von 1616, die der Schreiber Georg Schanz in schöner, schnörkelhafter
Schrift niederschrieb, wird angeführt, daß die drei Heimburger für Instandsetzung
der Brücken, Wege und Stege auf der Riedfahrt 30 fl. erhalten haben.
Bei der elenden Schulbildung in jener Zeit war es unmöglich, bei der jährlichen
Heimburgerwahl immer geeignete Personen zu finden. Die meisten konnten kaum
ihren Namen schreiben und keine Rechnung stellen, weshalb ein Schreiber dieses
Geschäft besorgte. Die gestellte Rechnung wurde von dem Vogt zu Ortenberg
erst nach mehreren Jahren abgehört. Es ist unglaubhaft, mit welcher Gemütlichkeit
und mit welchem Schlendrian die österreichische Verwaltung arbeitete, zumal
ihre Bezirke äußerst klein waren. Das Gericht Ortenberg zählte 1727 nur
531 Bürger. Die Gemeinderechnung von Goldscheuer vom Jahr 1736 trägt am
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