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konnte der Schaffner den Hof an jung Clausen Dieboldt von Scherzheim um die
alte Gülte vergeben. Weil aber die Güter in Abgang gekommen waren, wurden
ihm für die ersten zwei Jahre je 8 V. Korn und Hafer nachgelassen. Erste Gülte
fällig auf Martini 1541 (U. A. 28/62).
Zu Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Herrengut in vier Lehen Scherzheimer
Bauern überlassen, die Hofstätte mit Behausung, Scheuern und Ställen samt der
Bühne, so teils Garten, teils Feld, an Amtsschaffner Carol Friedrich Zoller und
seine Erben verschenkt, nachmals unter etliche Bürger verkauft, im Kriegswesen
aber von kaiserlichen Soldaten verbrannt (Berain 7628).
Durch Verschwendung, allzu große Gutmütigkeit, d. i. Leichefertigkeit im Schenken
und Trunksucht gab Graf Joh. Reinhard I. von Hanau (1599—1625) neben
der Masse alter Schulden alle herrschaftlichen Güter, Gefälle und Einkommen als
Pfänder für neue Schulden dahin1). Den 10. März 1614 wurde das Herrengut zu
Scherzheim samt einem Garten, die Herrenbühn genannt, für ein Kapital von
2400 fl. bis zu künftiger Wiederlösung an den Schaffner Joh. Baptist Böcklin und
Regina Schorerin, seine Hausfrau, wohnhaft auf dem Hof zu Helmlingen, verpfändet
; Gülte 47 V. Korn und 25 V. Hafer. Nach deren Ableben ward es dem
Kammersekretario Georg Engelhard Steinheil um 2640 fl. auf zwölf Jahre
überwiesen, 1623. Joh. Andreas Capeller zu Straßburg, neuer Pfandinhaber,
gedachte 1633 die ausständige Gülte trotz Mißwachs und Wegnahme der Früchte
durch schwedisches Kriegsvolk mit Gewalt einzutreiben und drohte den Be-
ständern mit dem Kammergericht Speyer! Michaeli 1634 hörte alles auf. Schuldenhalber
überantwortete Capeller Pfandschaft und Gültgut Tobias Städel, Altam-
meister zu Straßburg, mit Genehmigung des Grafen 1639. Da die Städelschen
Erben auch nach Beendigung des Krieges infolge der allgemeinen Landesverderbnis,
obwohl die Nachfahren der Beständer die Grundstücke zu säubern und zu bebauen
sich anschickten, weder Zins noch Gülte zu empfangen vermochten und in absehbarer
Zeit kaum eine Besserung zu gewärtigen war, verglich man sich in Güte mit
der Gräfl. Vormundschaftlichen Regierung für die Pfandsumme von 2640 fl. samt
Zinsen auf 900 fl., abzulösen in drei Zielen auf Johannis Baptistä 1673, 1674 und
1675 (12. Juni 1672). Dem Vermittler in Straßburg wurden vier Klafter Holz
gespendet!
worden, von wegen der herschaft ein tag uf dißem hove zu zackern, das sey gutwillig besehen und
inen essen und trincken genugsam geben. Und do die zit kumen, die acker zum andern moll zu varen,
daß sey bescheen von den gebuerschaften yhensit Reinß", bis ein Meier gesetzt werden konnte. Auch
nach Aussage der Alten wären diese Hofgüter noch niemals in Fron geackert worden. Dagegen hätte
die Herrschaft den Scherzheimer Hof vor 70 Jahren mit eigenen Knechten gehalten, und auch der Hof
zu Reinhardsau wäre in kurz verflossener Zeit ebenfalls durch Knechte bebaut worden.
') Der Grafschaft drohte die Zwangsverwaltung durch einen kaiserlichen Kommissar, worum sich
zum Leidwesen aller Hanauer und der Stadt Straßburg das katholische Lothringen bemühte. Doch
wurde dem Sohn und Nachfolger, Graf Philipp Wolfgang (1625—1641), zur Erhaltung des Landes von
Kaiser Ferdinand IL aus Gnade das „Beneficium Inventarii" zuerkannt, d. h. die Haftung gegenüber
den Gläubigern nur nach dein Yermögensstand der Erbschaft. Die einbrechenden schweren Kriegsdrangsale
verhinderten die begonnene Schuldentilgung. Erst die Gräfinwitwe Anna Magdalena, geb.
Pfalzgräfin bei Rhein, in Bischofsheim zum hohen Steg, eine verständige Frau, übernahm es, die auf
beiden Ämtern Lichtenau und Willstütt lastenden herrschaftlichen Schulden durch gütlichen Vergleich
mit der Stadt Straßburg und privaten Gläubigern zu erledigen.
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