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Geißenzucht und Geißenhaltung sehr ausgedehnt war. Weiter oben auf der Moos
bezeugen das gleiche die Namen Geißschleifweg und Geißschleifkopf. Noch 1802
waren auf der Moos 75 Geißen neben 79 Stück Rindvieh (einschließlich Kälber)
und 5 Pferde. Zur selben Zeit erbrachte von den Siedlern auf der Moos das
Geißengeld etwa 40 Gulden jährlich67).
Aber wie kommt eine Curie zum Namen „Geißhaut"? Nun, die Neusiedler
mußten ursprünglich und noch jahrhundertelang als Abgabe die Geißenhäute abliefern
und waren daher zur Geißenhaltung verpflichtet; 1302 galt die Geißenhaut
2 Schilling68).
Die Höfe, die die Geißenhäute gaben, standen unter einem bevorzugten Recht,
was natürlich mit dieser Abgabe zusammenhing69). Die Ziegenhäute waren nämlich
der kostbare Schreibstoff für die Bücher und Urkunden. Für die handwerksmäßige
Herrichtung der Häute zu Schreibstoff hatte das Kloster einen ebenfalls
bevorrechteten Knecht, den „briever"70). Das Kloster hatte eine Schreibschule,
über deren Frühzeit allerdings keine Nachrichten erhalten blieben. Als nun im
Jahre 1007 das Bistum Bamberg bei seiner Gründung mit den Klöstern Gengenbach
, Schuttern und andern ausgestattet wurde, hat sich Bamberg in Gengenbach
einen geschlossenen Gutsbezirk vorbehalten, der im 13. Jahrhundert als „das alte
Gut"71) bezeichnet wurde und natürlich ein Freihof war. Das war das Gut, von
dessen Höfen die Inhaber die Ziegenhäute gaben, denn das Bistum hatte natürlich
einen enormen Bedarf an Ziegenhäuten. Jedoch war dieses Gut nur etwa
100 Jahre in Bamberger Eigenbetrieb. Später haben die Bamberger ihre Ziegenhäute
billiger aus der Nähe bezogen, denn bis die Häute von Gengenbach die
400 km bis Bamberg gemacht hatten, wurde zuweilen ein merkliches Verlustgeschäft
daraus. Genug, Bischof Otto, der Heilige von Bamberg (1103 bis 1139),
schenkte diesen Gutsbezirk dem Kloster Gengenbach. Er lag nämlich teilweise unmittelbar
vor dem Kloster, sein Hauptstück „im Oberdorf"72). Auch ein Forstwald
, „die hintere oder innere Winterhalde"7'1), gehörte dazu. In diesem Klosterforst
durften auch später nur die Ziegenhaut-Leute alles Holz hauen, mit Ausnahme
der fünf Baumarten, die dem Kloster vorbehalten waren: nämlich Buchen,
Eichen, Harzbäume (Nadelhölzer), Birnbäume und Apfelbäume74). Die Forsthoheit
mit Gebot und Verbot und die Forstverwaltung ließ das Kloster durch
einen Förster ausüben, der zu den 17 freien (besonders privilegierten) Kloster-
«*) Akten GK Staatserwerb Gb Stift fasc. 3 Nr. 12, Fr. 79.
w) ein geishut giftet 2 Schilling. 1302 Giarus Urbar. Deutsches Rechtswörterbuch III.
"J (loch sol es derenhalb (Beholzungsrecht) nf der geishut jrer gereehtigkeit, und wie es sunst von
alter har komen, unabgebrochen sin. Forstordnnng vom 23. Dezember 1491, Kop 627 fol. 90 a.
») Weistntn von 1275, GK Select KK Nr. 86 § 28; 24. November 1516, GK Select KK Nr. 1176 § 86.
71) Unde wizzent och, daz alles daz guot, das da heizet daz alte guot, daz her zno Gengenbach
hoerit, daz lit in deine rehte: swie vil sin ein man het, daz er niht wände ein val git von dem
guote, nnde swie lützel er sin het, so git er och ein ane die nuwen guot, die da virdinget sint; swie
manig sunder guot er der het, die sint valbere, königliches Weistum RI vom Mai 1275, GK Select KK
Nr. 86; gedruckt FU 4, 443; viele Kopien. ™) MG SS XII, s. oben 1. Kap. Anm. 14.
™) zum Unterschied von der vorderen oder äulferen Winterhalde.
u) RI 1275, 19; M 1516, 93. Die andern in diesem Wald vorhandenen Baumarten, die nicht den
Bann hatten, waren: Hainbuchen, Espen (ob = Eschen?), Haselnuß, Weiden. U. vom 19. Februar 1399,
GK 30/21 Gb Stift.
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