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Eine alte Tierkunde mit Angabe von Heilmitteln
Von Alfons Staedele
Vor vielen Jahren schenkte mir jemand ein großes, dickes Buch. Es ist dreiteilig
und handelt von Vögeln, Fischen und Schlangen. Leider beginnt das Vogel-
b u c h erst mit Seite 39, ist aber dann lückenlos durchgeführt und schließt mit
Seite 556. Das Fischbuch ist vollständig erhalten, umfaßt 202 Blätter und stammt
aus dem Jahre 1598. Der dritte Teil, der von den Schlangen handelt, zählt nur
noch 29 Blätter, doch ist wie beim Fischbuch das Titelblatt erhalten. Der Titel der
beiden Bücher ist, wie es damals üblich war, sehr umfangreich. Der des Fischbuches
sei mitgeteilt, er lautet: „Fischbuch, das ist ausführliche Beschreibung und
lebendige Conterfactur aller und jeden Fischen, von dem kleinsten Fischlein an
bis auf den größten Walfisch, wie sie nicht allein in dem großen, hohen Meer,
sondern auch in den Seen, Flüssen, Bächen und allen schiffreichen Wassern gesehen
und gefangen werden. Samt derselben Nutzbarkeit und Güte sowohl in Essenspeise
und Küchen als auch in der Arznei und Apotheken. Allen Ärzten, Waidleuten
, Köchen, ja auch den künstlichen Malern sehr dienstlich und notdürftig.
Durch den weitberühmten Herrn Doktor Conrad Geßner in Latein erstmals beschrieben
. Hernach aber von Herrn Conrad Forer ins Deutsch gebracht, jetzt aber
an vielen Orten gebessert." Während dieses Buch in Frankfurt am Main durch
Johann Saur gedruckt und durch Robert Cambiers Erben verlegt wurde, druckte
das Schlangenbuch Johann Lancellot in der churfürstlichen Stadt Heidelberg und
verlegte es Andreas Cambier im Jahre 1613. Das ganze Buch ist reich bebildert.
Recht ausführlich und reizvoll sind die Abhandlungen über die verschiedenen
Arten der Enten und Gänse, über die Geier, Habichte, Hähne, Hühner, Falken,
Schwalben, Störche und Tauben. Fasanen, Finken, Sperber, Krähen, Lerchen,
Pfauen, Rebhühner, Spatzen, Wachteln und andere Vogelarten haben ebenfalls
eine eingehende Besprechung gefunden. Dabei wird gehandelt von der Gestalt
des betreffenden Vogels, seiner Natur und Anmut, seiner Speise und Nahrung
und seinem Nutzen für den Menschen. Ganz absonderlich sind die Ausführungen,
die gemacht werden unter der Überschrift „was von diesem Vogel in der Arznei
zu gebrauchen". So wird behauptet, Entenblut breche den Stein in Nieren und
Blase, es sei auch dienlich wider mancherlei Gift. Daß Fasanenfleisch solche
stärkt, die das Abnehmen gehabt und durch langwierige Krankheit ausgemergelt
sind, dürfte wohl glaubhaft sein. Manche Anwendungen lassen sich mit Gans,
Hahn und Huhn machen. Gänse- oder Hühnerschmalz bewahrt die Gesichtshaut
vor Sonnenbrand. Kressichsamen, zerrieben und mit Gänseschmalz vermischt,
nimmt die Schuppen auf dem Kopf, dieser muß aber oft damit gewaschen wer-
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