Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 100
(PDF, 128 MB)
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trat; auch die vorhandenen Wasserkräfte trugen dazu bei. Damit trat auch in
Dörfern mit gelockerter Siedlungsform bald eine Verdichtung um einen Siedlungskern
.

Größer ist die Grundstücksbewegung in der Ebene mit seinem Kleinbauerntum
. So mancher Kleinbauer, dem der Ertrag seines Hofes nicht mehr zum Leben reicht,
führt seine Landwirtschaft nur noch als Nebenbetraeb weiter und sucht sich eine gewerbliche
Arbeitsstätte; er wird zum Arbeiterbauern. Andere behalten das Bauernhaus nur
noch als Wohnstätte und stoßen den übrigen Besitz ab; dieser findet vor allem zwei Arten
von Abnehmern: Kleinbauern, die ihren Besitz wieder zu einer vollen Ackernahrung abzurunden
versuchen, vor allem aber Arbeiter, die hier sich ein Eigenheim errichten wollen;
so wird aus manchem Bauerndorf allmählich eine Arbeiterwohngemeinde. Von
ihnen und den Arbeiterbauerngemeinden geht vor allem der Pendlerstrom zu den
gewerblichen Arbeitsplätzen, zumal Motorrad und Omnibus diesen Strom unabhängig von
der Eisenbahn gemacht haben. Nach Paul Hesse (Grundprobleme der Agrarverfassung,
1949) müssen wir in unserem Raum unterscheiden:

A. Gewerbliche Gemeinden und Verwaltungszentren, in denen
über drei Viertel der Erwerbstätigen nicht mehr landwirtschaftlich tätig sind: 31 = 16,6 %.

B. Arbeiterwohngemeinden und Wohnsiedlungen: 36 = 19,2%.

C. Arbeiterbauerngemeinden: 20 = 10,7 %.

D. Kleinbäuerliche Gemeinden, oft noch mit ungesunden Wirtschaftsverhältnissen
: 78 = 41,7 %.

E. Mittelbäuerliche Gemeinden mit noch gesundem Bauerntum: 22 = 11,8 %.
Natürlich gibt es Übergänge; doch müssen wir die feinere Untergliederung Hesses hier

beiseite lassen.

Deutlich können wir auf unserer Gemeindetypenkarte erkennen, wie die Dörfer rings
um die am meisten industrialisierten Städte zu einem Kranz von Arbeiterwohngemeinden
und, wenigstens bei einzelnen, zu einem weiteren Ring von Arbeiterbauerngemeinden geworden
sind. Besonders eindrucksvoll ist diese Verteilung rings um Offenburg und auch um
Lahr. Die Arbeiterbauerngemeinden im nördlichsten Zipfel der Ortenau, zwischen Sandbach
und Murg, gehören schon zum Einzugsgebiet von Rastatt; auch das industriell aufblühende
Herbolzheim mit Ringsheim ist von Arbeiterbauerngemeinden umgeben. Weniger
deutlich ist die Entwicklung in Kehl, aber doch erkennbar. Auch um Achern und Bühl ist
sie sichtbar. Das Eindringen gewerblicher Tätigkeit in die Schwarzwaldtäler ist gut von
der Karte abzulesen. Die siedlungsmäßige Auswirkung wird klar erkennbar, wenn wir die
Gemeindetypenkarte mit der der Volksdichte vergleichen. Gewerbliche und Arbeiterwohngemeinden
bilden die Kerne der größten Volksverdichtung, nur liegen die Akzente
zum Teil etwas anders, weil hier in der Rand- und Vorhügelzone auch die Rebgemeinden
hohe Volksdichte aufweisen, die auf der Gemeindetypenkarte zum Teil noch als kleinbäuerliche
Gemeinden (oft nur noch als vereinzelte Inseln) erscheinen. Deutlich heben sich
bei diesem Vergleich die Gemeinden ab, die zwar zum Hesseschen A-Typus gehören, aber
nicht eigentlich gewerbliche Gemeinden sind; dazu gehören etwa die alten Amtsstädtchen
aus der Zeit der einstigen kleinstaatlichen Herrschaften, wie etwa Lichtenau und Mahlberg,
deren Betriebe vor allem dem Handwerk angehören; dazu in ganz anderer Weise die
Schwarzwaldbäder Griesbach und Peterstal, wo die im Badebetrieb, in Fremdenverkehrsund
Gaststättenbetrieben Tätigen die in der Landwirtschaft Beschäftigten weit überflügelt
zu haben scheinen. In ihrer Nachbarschaft fehlen darum die Arbeiterwohn- und Arbeiterbauerngemeinden
. Bei ihnen ist es deshalb auch nicht zu einer besonderen Bevölkerungsverdichtung
gekommen.

Die Untersuchungen von P. Hesse stützen sich auf das Material der Volkszählung von
1939. Seitdem ist die Entwicklung, zum Teil beschleunigt, weitergegangen, aber nicht in

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