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//. Der zähringische Erbfolgestreit und die Entwicklung der Territorien.
Die Ortenau im ausgehenden Mittelalter.
Die Schwestern des letzten Zähringers, Agnes und Anna, waren mit den Grafen
Egeno IV. von Urach und Ulrich von Kiburg vermählt. Zwischen diesen nächstberechtigten
Erben wurde der Allodialbesitz so geteilt, daß Kiburg die linksrheinischen
Lande in der Schweiz, Urach die rechtsrheinischen erhielt. Während sich
aber die Kiburger unangefochten in den Besitz ihrer Erbschaft setzen konnten, stieß
das. Haus Urach auf die entgegenstehenden Ansprüche einiger Mitbewerber, die zu
langwierigen Auseinandersetzungen Anlaß gaben. Neben zwei abgezweigten Linien
des zähringischen Stammes, den Herzögen von Teck und den Markgrafen von
Baden, trat vor allem König Friedrich II. auf den Plan, der den Todesfall zur
Stärkung der staufischen Hausmacht und zum Ausbau des Reichsgutes am Oberrhein
auszunutzen strebte. Auf welche Rechtsgründe er diese Bestrebungen stützte,
ist nicht klar zu ersehen. Aber ob nun eine sehr entfernte Verwandtschaft der Staufer
mit den Zähringern als Argument ins Feld geführt wurde oder nicht, jedenfalls
scheint Friedrich das Bewußtsein gehabt zu haben, daß es um die Rechtsgrundlage
seiner Ansprüche schlecht bestellt sei, und um diesem Übelstand abzuhelfen, kaufte
er den Herzögen von Teck ihr Erbrecht ab. Auf Grund einer im September 1218
mit den Urachern getroffenen Vereinbarung, deren Inhalt uns nicht näher bekannt
ist, muß er auch alsbald einen großen Teil der zähringischen Güter okkupiert
haben, in der Ortenau außer dem Eigengut im Renchtal, das von Hugo von Ullen-
burg an das Haus Teck gefallen war, auch die bambergischen Kirchenlehen, denn
schon im November 1218 urkundet er auf dem bambergischen Schlosse Mahlberg
und bezeichnet bei dieser Gelegenheit das alte zähringische Ministerialengeschlecht
von Roggenbach als seine Getreuen. Der junge Egeno V., der im Namen seiner
Eltern die Ansprüche der Uracher vertrat, war begreiflicherweise mit dieser Lösung
der Erbfolgefrage wenig zufrieden und rief die Entscheidung der Waffen an. Nur
dem Umstände, daß dem König daran gelegen sein mußte, für die dringenden Aufgaben
seiner italienischen Politik freie Hand zu bekommen und einem befriedeten
Deutschland möglichst bald den Rücken kehren zu können, hatte es Egeno zu verdanken
, daß seine Auflehnung ihm nicht zum Unheil wurde. Im September 1219
kam in Hagenau ein Vertrag zustande, in dem Friedrich auf die von den Herzögen
von Teck erkauften Erbrechte und Eigengüter zugunsten Egenos verzichtete. Im
übrigen sollte es beim bestehenden Zustand bleiben. Die bambergischen Kirchenlehen
, die der König auf Grund der Ulmer Abmachung besetzt hatte, behielt er
also auch weiterhin und suchte einige Jahre später diesen Besitz sich und seinem
Hause zu sichern, indem er dem Bischof Ekbert von Bamberg „das Lehen seiner
Kirche in der Mortenau, das früher der Herzog von Zähringen von dieser Kirche
zu Lehen getragen hatte", für 4000 Mark Silber abkaufte.
Die Verwaltung dieses neuen Reichsgutkomplexes, der einen großen Teil der
Ortenau ausmachte, wurde nun durch eine auf die Dauer berechnete Organisation
geregelt, über die wir glücklicherweise durch die unschätzbaren, von Schulte ver-
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