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des Schulwesens die größten Verdienste erwarb, war die Seele der katholischen
Reaktion. Immerhin gelang es auch hier offenbar nur allmählich, die protestantischen
Neigungen ganz zu unterdrücken, denn Eselsperger war noch im Jahre 1560
genötigt, das Amt der heiligen Messe gegen öffentlich angeschlagene Streitschriften
in einer ausführlichen Antwort zu verteidigen.
Das Kloster Gengenbach, das um 1540 vor dem finanziellen Ruin und dem
völligen Übergang an das Haus Fürstenberg gestanden hatte, gewann unter dem
Abt Friedrich von Keppenbach seine wirtschaftliche Selbständigkeit wieder und erfuhr
unter dessen Nachfolger Agricola auch eine gründliche Erneuerung der kirchlichen
Zustände.
So war eben in den Teilen der Ortenau, die am frühesten und eifrigsten von der
alten Lehre abgefallen waren, nach der Mitte des Jahrhunderts der Katholizismus
fast in altem Umfang wiederhergestellt. Gerade den umgekehrten Verlauf nahmen
die Dinge dagegen in den Nachbarterritorien. Markgraf Philibert von Baden bekannte
sich, sobald er der Autorität seiner katholischen Vormünder ledig war,
sofort zum Protestantismus. Die tastenden und später ganz zurückgenommenen
Versuche seines Vorgängers Philipp wichen jetzt einer planmäßigen Reformierung,
die auf der Grundlage des Augsburger Religionsfriedens allenthalben durchgeführt
wurde. In der Herrschaft Lahr-Mahlberg hatte Philibert sogar bereits zwei Jahre
vor dem allgemeinen Friedensschluß die Einführung des Protestantismus beschlossen
; schon 1554 ist zu Ichenheim ein evangelischer Geistlicher Johann Muser
nachweisbar, ein Jahr später in Lahr der aus Coburg stammende Johann Wolph.
1558 schloß Baden mit dem protestantischen Hause Nassau als Inhaber der ungeteilten
Hälfte der Herrschaft einen Vertrag, der die Grundlage für die Einführung
des evangelischen Bekenntnisses bildete und neun Jahre später durch einen zweiten
ergänzt wurde, wonach die Straßburger Kirchenordnung auch für Lahr-Mahlberg
maßgebend sein sollte. Im allgemeinen scheint sich die kirchliche Änderung in dieser
Gegend ohne große Widerstände vollzogen zu haben. Wir hören zwar, daß in
Altenheim, wo dem Straßburger Bischof das Kollationsrecht zustand, der Pfarrer
die Annahme der Augsburger Konfession verweigerte, aber ähnliche Fälle sind
sonst nicht bekannt und werden sich auch kaum öfters wiederholt haben, da selbst
im Zeitraum der katholischen Reaktion die Neigung zu Abweichungen vom alten
Glauben und sogar zu sektiererischer Absonderung in dieser Gegend lebendig geblieben
war. Gerade im Schuttertal und besonders in den Kreisen der Weberzunft
war die Sekte der Wiedertäufer so verbreitet, daß den Amtsleuten die schärfsten
Maßregeln zu ihrer Verfolgung anbefohlen werden mußten und im Jahre 1528
die Gefängnisse der Stadt Lahr mit Wiedertäufern überfüllt waren. Stärker als in
der Herrschaft Lahr-Mahlberg mögen die Widerstände gegen die Protestantisierung
in der nördlichen Ortenau gewesen sein, soweit sie zur Markgrafschaft Baden-Baden
gehörte. Aber auch hier setzte die Regierung ihren Willen durch; wir hören, daß
im Jahre 1568 in Steinbach bei Bühl, wo dem Kloster Lichtental das Kollationsrecht
zustand, wider den Willen der Äbtissin ein evangelischer Prediger eingesetzt wurde.
Noch weniger als Lichtental war das Kloster Schwarzach in der Lage, gegen die
kirchlichen Neuerungen anzukämpfen, da es seit langem in Abhängigkeit von den
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