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Wenige Monate später überschritten die Franzosen bei Diersheim von neuem den
Rhein, gewannen Kehl durch einen Handstreich zurück und traten am 22. und
23. April 1797 den weiteren Vormarsch an. Aber am letzten Tage traf die Nachricht
von dem inzwischen zu Leoben geschlossenen Präliminarfrieden ein; durch besondere
Übereinkunft wurde für die französische Rheinarmee eine von Kappel über Euenheim
, Lahr, Gengenbach, Oberkirch und Achern nach Lichtenau laufende Demarkationslinie
festgelegt. Der Frieden von Campoformio, der diesen ersten Koalitionskrieg
beendete, und der mit dem Reich geschlossene Waffenstillstand waren für die
Franzosen kein Hindernis, sich während der Verhandlungen des Rastatter Kongresses
unter offener Verletzung des Völkerrechts wichtiger Plätze am Rhein wie
der Festungen Ehrenbreitstein und Mainz und der Mannheimer Rheinschanze zu
bemächtigen. Am Oberrhein beschränkten sie sich auf eine verstärkte revolutionäre
Propaganda83), die der neue Oberbefehlshaber der Rheinarmee, General Augereau,
von seinem Hauptquartier Offenburg aus anfangs begünstigen zu wollen schien, indem
er dem Straßburger revolutionären Führer Georg Friedrich List durch seinen
Generaladjutanten Beistand bei einem für Mitte Januar geplanten Putsch zusagen
ließ. So weit ist es indessen doch nicht gekommen. Die Abgesandten der Straßburger
revolutionären Kreise, der schon erwähnte List, Professor Hirt, Dr. Schwan und
andere, fanden mit den aufreizenden Reden, die sie im Hirschen zu Altenheim, im
Hecht zu Ichenheim und an anderen Orten hielten, wenig Gegenliebe, die Alten-
heimer Bauern nahmen sogar zwei der Hitzköpfe gefangen und widersetzten sich
auch mit Erfolg der Aufrichtung eines Freiheitsbaumes durch französische Soldaten.
Augereau konnte es um so weniger wagen, die Aufwiegler offen zu unterstützen,
als die rechtsrheinischen Regierungen sich sofort mit diesen Umtrieben beschäftigten
und durch Vermittlung Metternichs bei der französischen Kongreßgesandtschaft in
Rastatt Klage einreichten, worauf die Pariser Regierung dieser revolutionären Propaganda
eine entschiedene Absage erteilen mußte.
Der zweite Koalitionskrieg, der noch im gleichen Jahr seinen Anfang nahm, führte
bald von neuem französische Heere auf den Boden der Ortenau. General Jourdan
überschritt im März 1799 den Rhein bei Kehl und Basel und rückte durch das
Kinzigtal und die anderen Schwarzwaldpässe vor, aber das siegreiche Gefecht, das
Erzherzog Karl den Feinden bei Stockach lieferte, nötigte sie bald zum Rückzug.
Die Österreicher kamen auf der Verfolgung nahe an Kehl heran, konnten aber doch
nichts Entscheidendes gegen die Festung unternehmen und beschränkten sich in der
Folgezeit darauf, in Kleinkämpfen den Gegner nach Möglichkeit zu schädigen. An
ein solches Scharmützel, das am 6. Juli zwischen Offenburg und Ortenberg stattfand
, erinnert noch heute das Denkmal, das für den damals gefallenen österreichischen
Obersten Graf Johann von Keglevich errichtet wurde. Im Schuttertal tat sich
der brave Kürzeller Kreuzwirt Joh. Georg P f a f f besonders hervor, der einer nach
Dinglingen vorgeschobenen österreichischen Kavallerieabteilung als Organisator
einer berittenen Kundschaftertruppe wertvolle Dienste leistete und Anschläge der
Franzosen auf Kürzell, Dinglingen und Schuttern vereiteln half84).
83) Vgl. Obser, Die revolutionäre Propaganda am Oberrhein im Jahre 1798, ZGORh N. F. XXIV, 199.
84) Vgl. H. Krems, Joh. Georg Pfaff. Der Kreuzwirt von Kürzell. In: „Ortenau" 28 (1941), S. 1—5.
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