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Begleitern gefangen 89). Schon eine Woche später wurde der Herzog von Enghien
nach einem summarischen Kriegsgerichtsverfahren im Festungsgraben von Vincennes
erschossen.
Bei aller Anerkennung, die man dem lauteren und mutigen Charakter des Herzogs
zollen mag, bei aller Anteilnahme, die sein unverdientes Schicksal hervorruft,
ist es doch müßig, sich durch dieses Opfer einer brutalen Gewaltpolitik zu rührseligen
Deklamationen hinreißen zu lassen, denn wann und wo wäre jemals das
Völkerrecht nicht von dem mißachtet worden, der die Macht dazu in der Hand
hatte! Und daß Frankreich das Recht des Stärkeren für sich hatte, zeigt das Nachspiel
des Falles Enghien mit beklagenswerter
Deutlichkeit, denn weder
Baden noch der Reichstag, weder
Preußen noch Österreich konnten es
wagen, gegen die Grenzverletzung
unzweideutig zu protestieren, geschweige
denn etwas Ernsthaftes dagegen
zu unternehmen. Es nützte
nichts, daß der am Karlsruher Hof
weilende Schwedenkönig seinem Unmut
offenen Ausdruck verlieh, und
ein geharnischter Prostest, den der
Zar nach Regensburg sandte, diente
nur dazu, die hohe Reichsversammlung
und ihre Mitglieder in peinlichste
Verlegenheit zu setzen.
/Die Zeit war nicht mehr fern, in
der Frankreich dem wehrlosen Europa
seinen Willen diktieren konnte.
Das Grenzland Baden, das bei feind- /^^l
seliger Haltung gegen Frankreich ^^^W^^^^^^^^^^Ä
einen sofortigen Einfall französischer Herzog von Enghien
Heere mit allen seinen greuelvollen,
schon allzuoft erlebten Folgen befürchten mußte, hatte in den Verhandlungen,
die dem Ausbruch des neuen Koalitionskrieges im Jahre 1805 vorangingen,
keine andere Wahl, als die von Napoleon kategorisch gestellten Forderungen des
Anschlusses an Frankreich und der Entsendung eines badischen Hilfskorps bedingungslos
anzunehmen. Am 5. September mußte sich Karl Friedrich schweren
Herzens zur Unterzeichnung des Vertrages entschließen, der die Schicksale seines
Landes in die Hände des französischen Imperators legte. Wenige Wochen später
überschritten französische Heere unter Lannes, Murat und Davoust den Rhein. Die
Festung Kehl wurde aus strategischen Gründen auf Anordnung Napoleons ohne
vorherige Befragung der badischen Regierung niedergerissen, und das Land hatte
89) Vgl. E. Batzer, Ein Bericht über die Gefangennahme des Herzogs von Enghien in Ettenheim. In:
„Ortenau" 18 (1931), S. 177—182.
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