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kulturen wären zu erwähnen der Frühgemüsebau (Achern), der feldmäßige Anbau
von Gemüsen, etwa des Meerrettichs in Urloffen oder des Spargels auf Gemarkungen
mit Sandboden, der Zuckerrüben- und Zichorienanbau. Als heute ausgestorben
, soll noch eine Darstellung des Krapp- und Hanfanbaues folgen.
Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielte der Krapp (Rubria tinc-
torum, Röte, garance) als Färberot eine wichtige Rolle in der Textilindustrie, insbesondere
bei der Färbung von Kattunfabrikaten. Nachdem der rote Krappfarbstoff
seit der Entdeckung von Graebe und Liebermann durch das Alizarin und die
Anilinfarbstoffe verdrängt wurde (1868), ist der in Mittelbaden einst so sehr betriebene
Krappanbau völlig zum Erliegen gekommen. Der rote Farbstoff wird aus
den Pflanzenwurzeln gewonnen, die nach zweijähriger Kultur aus dem Boden gegraben
wurden; Versuche, die Wurzeln drei oder mehr Jahre im Boden zu lassen,
blieben ohne rechten Erfolg, weil das Dickenwachstum der Wurzeln in den ersten
beiden Jahren am größten ist, nachher jedoch nachläßt. Der Boden muß gut gedüngt
sein. Wichtig war es, alsbald nach dem Ausgraben und Abtrocknenlassen die
Wurzeln zur Verarbeitung in die Rötemühlen zu bringen, da sonst die Wurzeln
leicht schimmelten und deshalb unbrauchbar wurden. Aus dem Hanauerland wurde
im 18. Jahrhundert der größte Teil der Krappernte roh nach Straßburg exportiert.
Seit 1775 war der Absatz infolge der hohen Einfuhrzölle behindert. Seitens aller
Landesherrschaften wurde der Krappanbau gefördert; um nicht nur die Urproduktion
im Lande zu haben, ermunterte man die Untertanen zur Anlage von Rötemühlen
. Welche Bedeutung dem qualitätsmäßigen Anbau zukam, geht aus den
Verordnungen der badischen Regierung von 1755 und 1766 hervor, die eine Ausfuhr
von Krapppflanzen bei Zuchthausstrafe verboten. Nach der Bildung des Großherzogtums
wurde der Krappzoll 1807 neu festgesetzt. Natürlich war auch vom
Krapp der Zehnte zu entrichten, doch ersetzte man wie beim Tabak den Natural-
zehnten durch ein sogenanntes Zehntsurrogat. Der Export ging hauptsächlich nach
dem Oberelsaß, da für den großen Bedarf der französischen Textilindustrie die
Krapperzeugung der Provence nicht ausreichte. Hauptabnehmer des roten Tuchs
war übrigens die französische Armee für die bekannten roten Hosen.
Der Anbau von Hanf und Flachs war durch Jahrhunderte von größter Bedeutung
. Der in der Ortenau gut gedeihende Hanf wurde zumeist exportiert, Hauptabnehmer
waren die Schweiz, Frankreich und die Niederlande, der Hanf ging
außerdem nach Norddeutschland, Württemberg und Bayern. Für den Export galt
Straßburg als Haupthandelsplatz. Anläßlich einer Beschwerde, die der Straßburger
Rat im Namen der Kaufleute seiner Stadt gegen die Abgaben einlegte, die in Will-
stätt von dem ausgeführten Hanf erhoben wurden, erfahren wir, daß in den Jahren
1673 bis 1683 nur 1000 Zentner Hanf von Straßburger Kaufleuten aufgekauft
und exportiert wurden. 1661 bis 1671 waren es pro Jahr 2 500 Zentner gewesen.
Diesen gewaltigen Zahlen kann sich der Hanfbau des 19. Jahrhunderts noch an die
Seite stellen, da der geschleißte Hanf vorzügliche Schiffstaue ergab und der weiße
Hanf zu allerhand Seilerwaren verarbeitet wurde. Doch konnte der badische Hanf
gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Weltmarkt mit dem ausländischen Hanf
und den zahlreichen anderen Gespinstpflanzen nicht mehr konkurrieren. Der Anbau
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