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den Bau einer festen Rheinbrücke bei Kehl und die Verbindung der französischen
Ostbahn mit der badischen Staatsbahn vor. Die Brücke wurde am 6. April 1861
eingeweiht; die zugehörigen Festlichkeiten fanden in Straßburg und Baden-Baden
statt. Die als ein Werk des Friedens gefeierte Verbindung zwischen dem elsässi-
schen und dem badischen Ufer wurde am 22. Juli 1870 gesprengt, doch schon im
November 1870, nach der Kapitulation Straßburgs, fuhren die ersten Züge wieder
über die Brücke. Im zweiten Weltkrieg von neuem gesprengt (Januar 1940), wurde
die Brücke im September des gleichen Jahres repariert, jedoch Anfang 1945 wieder
zerstört. Seit Juli 1945 geht der Verkehr über die instandgesetzte Brücke.
Es sollen hier noch einige Bemerkungen über den Grenzbahnhof Kehl folgen: Im
Jahr 1956 entfiel ein Drittel des grenzüberschreitenden Personenverkehrs der Bundesrepublik
auf die Grenzübergänge zwischen Kehl und Konstanz. Die Grenzbahnhöfe
der Bundesbahndirektion Karlsruhe haben insgesamt einen Güter- und
Personenverkehr aufzuweisen, der von keiner anderen Direktion im Bundesgebiet
erreicht wird. Im Jahr 1955 reisten allein über den Eisenbahngrenzübergang Kehl
313 000 Personen in das Bundesgebiet ein. Diesen Besonderheiten trägt der Status
des Kehler Bahnhofs Rechnung. Der Versailler Friedensvertrag bestimmte in Artikel
67 u.a.: „Die Grenzbahnhöfe werden durch ein späteres Abkommen festgesetzt
, wobei im voraus festgesetzt wird, daß sie an der Rheingrenze auf dem
rechten Rheinufer liegen sollen." Dem entsprach ein Staatsvertrag von 1925, wonach
auf allen fünf Grenzstrecken am Oberrhein (Wintersdorf, Kehl, Breisach,
Neuenburg und Palmrain) der deutsche Bahnhof zum Gemeinschaftsbahnhof erklärt
wurde. Nach der Ratifizierung dieses Vertrags (1930) kam es zum Abschluß
entsprechender Vereinbarungen der Deutschen Reichsbahn und der Französischen
Nationalbahnen für alle Grenzbahnhöfe, ausgenommen Kehl. Nach der Kündigung
des Staatsvertrags von 1925 durch Deutschland (1938, auf 12. Oktober 1939)
kamen im Sommer 1939 neue Verhandlungen in Gang, die am 11. Juli 1939 zu
einer Einigung führten. Es wurden 13 deutsch-französischen Betriebswechselbahnhöfe
festgelegt, die teils auf deutschem, teils auf französischem Boden lagen (sechs
deutsche, sieben französische). Der Ausbruch des Kriegs und die Umgestaltung der
politischen Verhältnisse am Oberrhein ließen dieses Abkommen nicht wirksam
werden. Nach dem Washingtoner Abkommen (8. April 1949), das die Freigabe
Kehls brachte, waren neue Vereinbarungen notwendig. Der Staatsvertrag von 1925
wurde durch Notenwechsel zwischen Frankreich und der Bundesrepublik für die
Gemeinschaftsbahnhöfe Kehl und Neuenburg einstweilen wieder in Kraft gesetzt.
Die Deutsche Bundesbahn und die Französischen Nationalbahnen schlössen am
17. August / 5. Oktober 1951 ein vorläufiges Übereinkommen über die Mitbenützung
des Bahnhofs Kehl. Danach ist der Bahnhof Kehl ausschließlich Eigentum
der Deutschen Bundesbahn, wird von ihr betrieben und von den französischen
Bahnen mitbenützt. Der gesamte Übergangs- und Anschlußdienst, die Grenzpolizei
-, Zoll- und Grenzveterinärabfertigung finden in Kehl statt. Die Französischen
Bahnen zahlen der Deutschen Bundesbahn für die alleinige Benützung bundesbahneigener
Anlagen eine bestimmte Miete, für die gemeinschaftlich benützten
Anlagen ist ein Mietanteil nach dem Verkehrsumfang vereinbart. Ein Abkommen
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