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sehen, auf dem schlichte, einfache Symbolzeichen eingegraben sind, ein Kreuz, eine
Rosette und ein Baum. Manche Einzelheiten sind durch spätere Abänderungen oder
Zutaten an dem Bau entstellt. Dagegen steht das sogenannte Heidenkirchlein in
Alt-Freistett noch ziemlich in seinem ursprünglichen Charakter da4b). Auch
hier ein kleines Langhaus hinter einem mächtigen Ostturm mit Satteldach. Die
Schallarkaden sind durch spätere Abänderungen verdorben, dagegen haben sich die
kleineren parabolischen Fensterchen im Langhaus noch unberührt erhalten. Nahe
verwandt und in der Anlage völlig übereinstimmend ist die alte Kirche in H a u s -
gereut, die nur durch die häßlichen Fenster neuerer Zeit in ihrer Wirkung beeinträchtigt
wird. Es liegt somit hier ein einheitlicher Typ der mittelbadischen Landkirche
vor, der das früheste nachweisbare Gotteshaus bei uns charakterisiert und
der seine markante Note durch den mächtigen Ostturm mit Chor im Erdgeschoß
erhält, dahinter ein schlichtes Langhaus von geringem Längenausmaß hat. Alle
ornamentalen Elemente sind auf ein Minimum beschränkt; in Burgheim macht sich
bereits der Einfluß von Hirsau bemerkbar. Zu der Gruppe gehörte aller Wahrscheinlichkeit
nach auch die 1906 abgerissene Kirche in Nonnenweier aus dem
11. /12. Jahrhundert, ebenfalls mit Ostturm, die ihr ursprüngliches Aussehen allerdings
nahezu vollständig eingebüßt hatte unter Umbauten oder Veränderungen
späterer Zeit5). Eine abweichende Anlage wies die kleine, 1922 abgerissene Kirche
zuDörlinbach auf, deren Konsekrationsdatum zusammenfällt mit der Wittelsbacher
Kirche (1132). Sie hatte einen eingezogenen Chor mit geradlinigem Abschluß
und Tonnengewölbe. Ein Turm darüber könnte im Plane gelegen haben, ist aber
auch in Anfängen nicht ausgeführt worden. Das Chorfensterchen zeigte noch frühe
romanische Anlage. Daneben wurde in gotischer Zeit ein zweites noch eingebrochen.
Die Eingangstüre hat in neuerer Zeit einen plumpen Sturz erhalten, wies aber noch
auf den Ecksäulchen das Hirsauer Würfelkapitell mit Parallelrillen auf. Woher
dieses Kirchenschema übernommen wurde, läßt sich schwer sagen. Das benachbarte
Elsaß 2a) kennt entweder den Vierungs- oder Fassadenturm, letzterer nach burgundischem
, auch in Südbaden (Markgräflerland) nachwirkendem Vorbild, mit Eingangshalle
. In vollem Bestand noch erhalten ist der romanische Bau der Kapelle in
Reichenbach bei Gengenbach, nur in der Spätgotik mit größeren Fenstern
ausgestattet. Sie hat quadratischen Chor; ein Rankenkapitell, das noch gefunden
wurde, dürfte zum Portal gehört haben, dessen Sturz mit einem Relief des späten
12. Jahrhunderts geschmückt ist33). Reste romanischer Zeit sind noch weiter erhalten
im alten Chor der Kirche in Nußbach und an der Friedhofskapelle zu
Oberkirch.
4b) Vgl. Martin Wiederrecht: „Beiträge zur Heimatkunde am Oberrhein", herausgegeben vom
Bund der Heimatfreunde in Freistett (Baden) I, 1950, S. 7 ff. — Das Heidenkirchlein in Freisten erfuhr dank
der Initiative der Heimatfreunde Freistett im Jahre 1956 eine gründliche Instandsetzung.
5) Vgl. Grundriß und Außenansichten bei K. L. Bender, Geschichte des Dorfes Nonnenweier (Karlsruhe
1908).
2a) Vgl. Rudolf Kautzsch, Der romanische Kirchenbau im Elsaß. 1944, Urban-Verlag, Freiburg i. Br.
3a) Das Relief, das die Schlüsselübergabe an Petrus (Peterskapelle) zeigt, wird neuerdings auch in den
Beginn des 13. Jahrhunderts verwiesen (Lacroix-Niester, Kunstwanderungen in Baden, 1959,
Stuttgart, S. 203).
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