http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0394
Lustschloß
Favorite,
Nordostfront
Zeichnungen, mythologische Stuckfiguren, pilasterartig aufgehendes Stuckbandwerk,
durch Girlanden verbunden. Wandbespannungen mit Seidenteppichen oder mit Perlstickerei
, Spiegel mit „indianischen" Rahmen, an den Decken zwischen flacher, vergoldeter
Stuckdekoration gemalte Blumengewinde und dazwischen illusionistische
Ausblicke in den Götterhimmel; Estriche in Marienglas; europäische Porzellane,
Fayencen und Chinoiserien, letztere wohl aus der späteren Zeit des Jahrhunderts.
Uberall, wohl vielfach von der Geschmacksrichtung der Bauherrin bestimmt, eine
boudoirartige Dekoration, in der noch ursprünglichen Erhaltung für die Vorstellung
von der Lebenshaltung der Zeit ungemein wichtig. Neben Rohrer war für die
Inneneinrichtung vorwiegend Franz Pfleger maßgebend. Als ausführende
Künstler können nur vermutungsweise genannt werden der Stukkateur Hans
Georg Stöhr und die Maler Franz Pfleger, Anton Hammer,
Heinrich Stihl und Michael Sanguinetti. Das Schlößchen war umfaßt
von einem großen Lustgarten 36b) mit Wasseranlagen nach französischen Vorbildern
; in ihm, ganz dem Geist der Zeit folgend, der kleine Rundbau der Eremitage
(vor 1717) mit gewollt primitiver, einfachster Ausstattung, die Wände mit wirklicher
oder gemalter Baumrinde verkleidet; als Lager eine Strohmatte mit dem
Totenkopf am Fußende; das Speisezimmer mit den Holzfiguren der hl. Familie,
denen Wachsköpfe aufgesetzt sind, am Tisch, und, in noch stärkerer Theatralik, die
Kapelle mit der Gruppe des Leichnams Christi über dem Altar und einer ernsten
Kreuzigungsgruppe; raffinierte Lebensheiterkeit gepaart mit einem an realistischer
Drastik genährten Bußgeist. Nicht allzuweit von der Favorite ließ die Markgräfin
36b) Vgl. RichardMelling: „Der Schloßpark von Favorite und seine schönen Bäume" in „Badische
Heimat*, 31. Jahrgang 1951, Heft 2, S. 105 ff., mit Abbildungen.
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