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Hornisgrinde bekannter geworden ist — 1732 hatte Franz Anton Dürr die Glashütte
und Sägemühle gebaut, das wurde sicherlich in ganz Mittelbaden besprochen.
Kurz, in jenem Jahr 1735 ging eine Eingabe an den Landesherrn, nun war es der
Markgraf Ludwig Georg, einer der Söhne des Türkenlouis, der Jägerlouis. Sie kam
von Bauern aus der Markgrafschaft, der Ortenau und aus dem rechtsrheinischen
Gebiet des Bistums Straßburg. Darin hieß es, man möge gestatten, daß für sechzig
Bauern und Taglöhner eine Zureise genehmigt werde, um da oben „wenigstens bis
vierzig zimblich solcher Berghöf" zu errichten. Das war nun schon eine organisierte
Zuwanderung.
Es ist ein ergötzlicher Vorgang, wie diese Bitte von den beiderseitigen Kanzleien
behandelt wurde. Es gab ja noch keine Freizügigkeit. Ob einer wegziehen oder zuziehen
wollte, und sei es im hintersten gottverlassenen Urwaldwinkel, auch das
bedurfte der Genehmigung Serenissimi: was praktisch hieß, der zuständigen Ämter
und ihrer .Herren. Auf jeden Fall: die Sache wurde ernst genommen. Der markgräfliche
Gutachter riet von einer Genehmigung ab. Denn ihm hatte sein bischöflich
Straßburger Kollege, der Amtmann Fischer von Oberkirch, geschrieben: er sei sehr
vergnügt darüber, daß sich gerade die liederlichsten Untertanen seiner Herrschaft
in den Windeckschen Waldungen niederlassen wollten; aber aus anderen Gründen
lehne er ab. Er drohte sogar, seine Bürger mit Gewehren zu bewaffnen und den
„Beständern" gegebenenfalls ihre Häuser über dem Kopf anzünden zu lassen.
Nicht viel anders ging es mit dem Gesuch etlicher Einwohner von Oberkappel;
das amtliche Urteil über sie meinte, es sei zu befürchten, mit solchen Ansiedlungen
werde man nur Wildschützen heranziehen. Gleichviel, ob dieser Verdacht gerechtfertigt
war oder nicht, der Mann, der ihn benützte, war ein kluger Kopf und ein
Psychologe dazu: er wußte, daß dieser Einwand beim Markgrafen, dem Jägerlouis,
sofort auf Verständnis stoßen mußte.
Die Besiedlung der Hochebene von Herrenwies und des Hundsbachtales sollte
schließlich aus ganz anderen, weit größeren Zusammenhängen kommen. Alle Welt
schrie nach Holz, nach Brennholz: vor allem die Bürger von Rastatt und Carols-
ruhe, das, 1715 gegründet, nun von Jahr zu Jahr größer wurde. Auch die Einwohnerzahl
von Rastatt war gestiegen. Aber: die Wälder in der Nähe der beiden
Städte, im Albtal und im unteren Murgtal und auch in der Ebene waren erschöpft,
die Forstverwaltungen warnten. Nur da droben und da hinten rings um die Badener
Höhe, da gab es noch viel, viel Holz — indessen: wie es herabbringen? Das war
nicht so einfach. Straßen gab es keine. Die Bäche waren klein, führten nicht so viel
Wasser, um ohne weiteres Holz abflößen zu können. Also mußten Schwallungen,
Wehre, Dämme, kleine Stauseen angelegt werden, öffnete man sie, so konnte das
angestaute Wasser das vorbereitete Holz von Schwallung zu Schwallung hinuntertragen
. Aber wo waren die Arbeitskräfte: für den Einschlag, für die Zubereitung,
für den Bau der Schwallungen, die Säuberung der Bachbette, für das Flößen bis
zur Murg? Und wo war das Geld, um all das zu bezahlen? In der Kasse des Markgrafen
war es nicht.
Und da kam nun die große Stunde für den „steinreichen" Franz Anton Dürr,
Ankerwirt zu Rastatt, Hofglaser, Herrenwieser Glashüttenbeständer, neuerdings
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