http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1961/0186
Wer wird bei der Aushilfe bevorzugt?
5. Überlassen wir zwar der gewissenhaften vor Gott verantwortlichen Beurteilung
der Vorsteher von dieser Stiftung, wer eigentlich aus den Kompetenten jeden
Jahres würdiger geachtet und also den übrigen vorgezogen werden wolle, jedoch
haben sich dieselben bei diesfälliger Beratschlagung und sohin verfolgender Bestimmung
unserer, der Stifter eigentlicher Gesinnung dahingegenwärtig zu halten,
daß erstens jene, welche wegen ihres hohen Alters und sonstigen schweren
Leibesgebrechlichkeit halber sich mit ihrer Arbeitsamkeit zu ernähren außerstande
sind, zweitens die verwaisten Kinder, welche von ihren Eltern ohne hinlängliche
Versorgung zurückgelassen werden, drittens jene, welche einen besonderen
Unglücksfall als Feuersbrunst, Wassererguß, Viehumfall, beträchtliche
Schauer oder Mißwachs verlitten haben, viertens jene, welche mit einer schweren
langwierigen Krankheit entweder selbst oder in ihrer beiselben in Versorgung
stehenden Familie behaftet worden, fünftens jener, welche mit einer größeren
Anzahl in ihrer Versorgung stehender Kinder gesegnet sind. Sechstens jener,
die sich verehelichen und einer Ausstattung bedürfen, endlich siebentens
bei gleichen Umständen und Bedürfnissen die Eltern den Kindern, die älteren
Geschwister den jüngeren, das männliche Geschlecht dem weiblichen, und jene die
einen auferbaulichen Lebenswandel führen, jenen, die sich diesfalls etwas zur
Schuld gehen lassen, vorgezogen werden sollen.
Jene, die sich als Trunkenbolde, Spieler, Verschwender betragen, oder eines
sonstigen Verbrechens schuldig machen sollten, sind von der Anteilnehmung an
dieser Stiftung bis zu ihrer erfolgten Besserung anmit ausdrücklich ausgeschlossen.
Höhe der Aushilfe: höchstens 200 Gulden, mindestens 50 Gulden
6. Auf gleiche Art überlassen wir der bescheidenen gewissenhaften Beurteilung
der Vorsteher dieser Stiftung, was für ein eigentlicher Betrag jedem der würdig
befundenen Kompetenten zur Aushilfe für selbiges Jahr zugewendet werden wolle;
jedoch haben sich dieselben bei diesfälliger Beratschlagung und sohin erfolgender
Bestimmung unserer, der Stifter, eigentliche Gesinnung dahin gegenwärtig zu
halten, daß erstens die gesamten Interessen des Stiftungsfundi nach Abzug des den
Vorstehern hievon bewilligenden Betrages in jedem Jahre ohne einiger Zurückhaltung
verteilet, zweitens in einem Jahre einem Kopf niemalen mehr als höchstens
zweihundert Gulden niemalen weniger als wenigstens fünfzig Gulden zugewendet.
Endlich drittens nach dem Verhältnis der Anzahl der Kompetenten und der Zulänglichkeit
des Stiftungsfundi die Verteilung also geleistet werden solle, daß kein
wahrhaft bedürftiger Kompetent ganz hilflos gelassen werde. Eine Verweisung
oder Zusicherung auf das künftige Jahr solle von den Vorstehern niemalen gültig
erteilet werden können.
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