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besoldet werden." „Das ist der Ortenberger stetig Lied gewest!" — „Unsere
Knechte schreien täglich um Brot. Meine 100 fl. sind verschwunden, als wenn einer
einem hungrigen Wolf ein Kitzlein in Radien wirft", bekennt der Schultheiß von
Griesheim.
Über die Kriegsereignisse am Rhein bezeugt Kaspar Reiser aus dem
Quartier Auenheim unterm 23. Februar, daß stündlich mansfeldische Reiter truppweis
zu sechs, fünf oder vier, mit Packsäcken oder großen Felleisen hinter dem
Sattel, vorbeikämen, desgleichen viel Fußknechte, so ihrem Vorgeben nach davongelaufen
. Die Reiter seien mit Pferd und Kleidung wohl versehen und ausgeputzt,
die Soldaten aber ganz abgerissen und böser Kleidung. „Wann unser erst ankommendes
Volk aus der Ortenau bei uns wäre, wollten wir gute Beute machen." —
„Die in der Wanzenau gelegenen Soldaten sind heut morgen abwärts geführt
worden, und, wie ein Feldweibel von Kehl berichtet, sollen Hauptmann Römers
(des gewesenen Amtsschaffners zu Willstätt) erst neugeworbene Soldaten daselbst
bewehrt werden." Den 25. Februar: „Sechs der Ortenberger Soldaten und etliche
Bauern sind aus Wunderfitz in die Wanzenau hinübergefahren und haben den
Ort besichtigt. Ist mit Erbarmen zu hören, wie alles verhegt und verderbt, inweilen
die Mansfeidischen über die 100 Wagen Futter, so sie nit veratzt und hinter ihnen
lassen müssen, den Roß unter die Füß gestreuet haben; unsagbar viel Roß, Rindvieh
und Schwein liegen daselbst tot, ist niemand mehr darinnen, sind Brumath
zu gezogen 2). Heut abend hat man um die ganze Gegend Feuer aufgehen sehen." —
„Zu Hönau sind nicht mehr als 10 Hofstätten, aber gewiß in die 300 Bauern aus
der Wanzenau und andern Orten 3). Wo ein Soldat steht, sind zehn Bauern um
ihn, haben mich um ein ander Quartier gebeten." Ottersweier meldet am 24. Februar:
„Heut ist die Nachricht einkommen, daß gottlob die Sachen so bös nit, als sie Junker
Flach gemacht4). Dann allein ein Ottersweierer am Arm verwundet, und ein
Hanauischer erschossen worden, sollen sich aber tapfer gewehrt haben." Auf diese
Kunde nahm der Balbierer von Ottersweier den Weg nach Lichtenau unter die Füße,
seine Kunst an den Mann zu bringen.
Mit dem Abzüge Mansfelds aus dem Unterelsaß Mitte März hatte der Ortenauer
Ausschuß seine Aufgabe erfüllt; am 20 März rückte man in die Heimat ab. Die
Landvogtei war dabei für Proviant und Munition 11440;.$, das Landgericht
Achern 626 S 15 ß 8^ losgeworden; unterschiedliche „Wirtsscheine" der hanauischen
Rheinorte sind noch vorhanden.
2) Mitten in der furchtbaren Winterkälte und bei tiefem Schnee hatten die flüchtenden Bauern alles im
Stich gelassen; viel Vieh verendete vor Hunger in den Ställen.
3) Das zum bischöflich-straßburgischen Amt Wanzenau zählende Hönau lag damals noch auf einer Rhein-
inse!; ein genauerer Bericht nennt 16 Häuser.
4) Die schwer bedrängten Einwohner des überrheinischen Stabes Offendorf, Lichtenauer Amts, waren vor
den streifenden Reitern auf die Worte oder in die diesseitigen Dörfer geflüchtet. Den 16. Februar wurde
Herlisheim geplündert und zum Teil abgebrannt, Offendorf und Rohrweiler fast gänzlich. In Oberhofen
legten die Mansfelder auch Feuer an die Kirche und das Pfarrhaus. Anläßlich der Plünderung der Rheinwörte
wurden am 22. Februar bei der Abwehr zwei Offendorfer Bürger von den Reitern erschossen und den
26. auf dem Kirchhof in Scherzheim begraben.
16 Die Ortenau
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