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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 1
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0013
Die Heimatgeschichte in unserer Gegenwart

Von Wolfgang B ü h 1 e r

Ist es im Rahmen der Heimatgeschichte sinnvoll und notwendig, die Frage nach
dem Geschichtsverhältnis unserer Gegenwart auf zuwerfen? Die Haltung des
Heimatforschers scheint von Zeitfragen und Zeitströmungen weitgehend unberührt
7.u sein. Mag die Einstellung der Zeit zur Geschichte schwanken, so ist die seine
eindeutig bestimmt und von weniger Problematik beschattet. Sein Verhältnis zur
Geschichte ist das der Forschung. Der Weg zur Vergangenheit ist ihm durch deren
Dokumente, Quellen und Überlieferungen selbst vorgezeichnet. Immer beschäftigen
ihn zuerst die inhaltlichen, die sachlichen Fragen der Geschichte, nie oder selten
die Geschichte als solche.

Die Geschichtsforschung ist gut beraten, wenn sie diese gerade Linie sachgebundener
Geschichtsbetrachtung treu einhält. Dank solcher realistischer Betrachtungsweise
blieben z. B. auch unserem heimatlichen Geschichtsverein „Die Ortenau"
mißliche Gesinnungsumschwünge sowohl im Jahr 1933 als auch 1945 erspart.
Aber dennoch bewegt und beunruhigt auch den Heimatforscher das Verhältnis
seiner Zeit zur Geschichte, nicht nur weil auch er ein Kind dieser Zeit ist und von
ihr beeinflußt wird, sondern weil seine Arbeit zugleich mitgetragen und miterlebt
wird von seinen Zeitgenossen. Das ist glücklicherweise bei unserem Geschichtsverein
im besonderen Maße der Fall, weil die Beiträge der Heimatforschung im Jahrbuch
„Die Ortenau" von vielen Heimatfreunden, die nicht Wissenschaftler sind, gelesen
werden.

Unsere Gegenwart nennt sich zuweilen „geschichtslos". Dieses Wort hat etwas
Erschreckendes und Vieldeutiges. Was ist damit denn gemeint? Meint man ein
Leben völligen Verzichts auf das Vergangen-Geschichtliche oder nur den Bruch mit
den bisherigen Vorstellungen und Theorien der Geschichte? Oder aber steckt in
dem bedeutungsschweren Wort von der „Geschichtslosigkeit" eine Auflehnung
gegen eine Gesetzlichkeit, der unsere Zeit und die künftigen Zeiten im Gegensatz
zu denen der Vergangenheit nicht mehr unterworfen sein sollen?

In all diesen Bedeutungen läßt sich dieses Wort heute in der Wissenschaft, der
Philosophie und in der Tagespresse finden. Wir wollen es nicht übernehmen, auch
nicht zur Kennzeichnung unserer nicht sehr geschichtsfreundlichen Zeit. Aber es
verrät die Unsicherheit und Vieldeutigkeit, die ganze Problematik und auch Gefahr
unseres heutigen Verhältnisses zur Geschichte.

Denn dieses ist, wie eine andere und nicht abzuweisende Redeweise lautet:
„gestört". Dieses Wort weist auf seinen Gegensatz, auf ein „ungestörtes" Verhältnis
zur Geschichte hin. In der Tat: Unser Geschichtsbewußtsein und Geschichtsverhält-

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