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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 11
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0023
sich in den Niederungen der Rheinebene vor allem die Orts- und Flurnamen auf
-hurst —, jüngere Siedlungsschichten zu ergründen. Sie weisen darauf hin, daß
allerlei Kolonisationsvorgänge oder, um den heute gebräuchlichen wissenschaftlichen
Terminus anzuwenden, ein stetiger Landesausbau stattgefunden haben.
Diese in sich nach Ort und Zeit ganz verschiedenen Arten der Binnenkolonisation
zeigen in unserem Gebiet vorab zwei Grundformen: einmal geht die menschliche
Siedlung, gestützt neben bäuerlichen vor allem auf gewerbliche Antriebe,
keilartig von der Ebene in die Gebirgstäler und in späten Holzfällergemeinden
10) auch auf die Gebirgshöhen selbst vor. Dann aber ergibt sich eine zweite
Form in der Rheinebene selbst, wo neben den alten Orten neue, neben dem
älteren Dorf etwa ein jüngerer weiler-Ort entstehen u). Zur Siedlungskonzentration
, die ehedem einen Verlust an Kleinsiedlungen herbeiführte, tritt demnach
der gegenteilig wirkende Vorgang der Anlegung neuer Kleindörfer und Höfe,
eine Siedlungshäufung als Folge der Bevölkerungsvermehrung und, was
wahrscheinlich wichtiger und wirksamer war, als Folge intensivierter, verbesserter
und stärker differenzierter Wirtschaftsformen.

Erscheinungen solcher Art setzen jedoch voraus, daß anbaufähiges Land vorhanden
ist; und damit gelangen wir zu einem gerade für die Ortenau grundlegenden
, zugleich aber auch schwierigen rechtsgeschichtlichen Problem. Wir finden in
Urkunden und Akten hierzulande nicht nur Dörfer und Höfe, sondern auch
Kirchspiele und Marken, d. h. über den Bereich der Einzelsiedlung und
der Ortschaft hinausgehende Verbände. Was zunächst das Kirchspiel angeht,
so hängt es mit den Frühformen der Pfarrorganisation zusammen. Bei der Christianisierung
erhielt durchaus nicht jede größere Siedlung eine eigene Kirche und
eine eigene Pfarrei. Vielmehr umfaßte der Sprengel einer Landkirche, an herrschaftliche
Frühformen sich anlehnend und damit dem System der germanischen
Eigenkirche huldigend, häufig eine größere Zahl von Nachbarorten, die je für sich
lange mit einer Kapelle als zweitrangigem Kultort abgespeist wurden. Die Pfarrrechte
bleiben dabei in der Regel bei der Mutterkirche, und dies selbst dann, wenn
etwa schon bestimmte kirchliche Handlungen, vor allem das Begräbnisrecht, an
die von der nachbarlichen Genossenschaft getragene Tochterkirche übergegangen
sind 12).

In der Ortenau begegnen uns sodann wirtschaftlich-genossenschaftliche Verbände
, die man gemeinhin als Markgenossenschaften zu bezeichnen pflegt.
Soweit wir über sie meist erst recht spät anhebendes, kaum je über das 14. Jahrhundert
zurückreichendes Aktenmaterial, gelegentlich in Form von Markweis-

Eine sorgfältige forstgeschichtliche Arbeit liegt dazu vor von K. Hasel, Herrenwies und Hundsbach
(1944).'

11) Walter-Langenbeck, Besiedlung d. Ortenau (Anm. 3) S. 92. Bei der Deutung von weiler-
Ausbauorten ist allerdings Vorsicht geboten; so ist z. B. Ettlingenweiler nicht von Ettlingen ausgegangen,
die Ortschaft hieß früher Owenswiler u. ä.: A. Seiler, Studien zu d. Anfängen d. Pfarrei- u. Landdekanatsorganisation
in d. rechtsrhein. Archidiakonaten d. Bistums Speyer (1959) S. 53.

12) Zum Eigenkirchensystem U. Stutz, Die Eigenkirche als Element d. mittelalterl.-germanischen
Kirchenrechts (1894). Zur Pfarreiorganisation M. Krebs, Politische u. kirchl. Geschichte d. Ortenau,
„Ortenau" 40 (1960) S. 133 ff.

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