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Frühformen beruhenden Straßburg wiederum abgesehen weist die Ortenau keine
originären, sondern nur Gründungsstädte auf. Sozial- und wirtschaftshistorisch
mögen andere Fragen wichtiger sein: für den Rechtshistoriker steht die
Frage, wer Stadtgründer war und warum er diesen oder jenen Ort zur Stadt
erhob, im Vordergrund. Zudem will der um Rechtsformen Bemühte wissen, was
eine Stadt im territorialstaatlichen Verband eben als solche, als verfassungsmäßig
exempter Bezirk, bedeutete"). Nun ist diese Frage, so wichtig sie für die
Erkenntnis territorialherrschaftlicher Grundlagenforschung ist, in aller Regel
nicht quellensicher zu beantworten. Es ist charakteristisch für die Bedingtheit
unseres historischen Wissens und seiner Quellen, daß wir für so wichtige Vorgänge
, wie sie eine Stadtgründung im Mittelalter darstellte, nur selten, und
dann meist nur mehr zufällig, urkundliche Nachrichten besitzen. So können wir
durchweg nur aus der späteren Stadtentwicklung oder aus der gesamten Anlage
eines Herrschaftsverbandes schließen, von wem und zu welchem genaueren Zeitpunkt
eine Stadt gegründet worden ist.
Dies gilt auch für unser Oberrheingebiet. Außer Freiburg im Breisgau und dem
von den Zähringererben gegründeten Schwarzwaldstädtchen Vöhrenbach sind uns
für die zähringische Periode keine unsere nähere Heimat berührenden Stadtgründungen
ausdrücklich und urkundlich überliefert42). Und doch wissen wir,
teilweise nur dank der besonderen zähringischen Plananlage **), daß es neben den
Staufern keine Familie fürstlichen Ranges gab, die stärker als Stadtgründer
hervorgetreten ist als das Geschlecht der Herzöge von Zähringen. Ihnen
ist in der Ortenau die Gründung von Offenburg zu verdanken, das dann im
zähringischen „Städtedreieck" den nordwestlichen Eckpfeiler bildet44). Zähringischer
Initiative und ihr folgender Städtepolitik der zähringischen Erben, Seitenverwandten
oder Vasallen, sind andere Städte unserer Landschaft entsprungen:
zum großen Teil noch eingefügt in den von der Herzogsfamilie selbst begonnenen
Landesausbau oder, um es andersherum auszudrücken, Abbau der Schwarzwaldbarriere
, kommen nacheinander die kleineren Städte der Schwarzwaldtäler zum
Zuge, vor allem im Kinzigtal selbst, wo im Verlauf fortdauernder Erschließungspolitik
Haslach, Hausach, Wolfach und Hornberg zähringischen
Vasallengeschlechtern ihr Dasein verdanken.
Seit kurzer Zeit besitzen wir eine aufschlußreiche Studie über die bisher stark
vernachlässigte Rolle der Herzogsvettern, der Markgrafen von Baden, als
Städtegründer45). Die ältesten markgräflichen Stadtgründungen erfolgen be-
41) Zusammenfassend zu Problemen der Stadtrechtsgeschichte H. Planitz, Die deutsche Stadt im
Mittelalter (1954). Dazu das Sammelwerk „Studien zu den Anfängen d. europäischen Städtewesens", in:
Vorträge und Forschungen, hrsg. v. Th. Mayer Bd. IV (1958).
42) Für Freiburg i. Br. u. a. S. Rietschel in 2s. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch., gem. Abt. 33
(1910) S. 471 ff. F. Beyerle, Unters, z. Geschichte d. älteren Stadtrechts v. Freiburg i. Br. und Villingen
a. Schwarzwald (1910). Für Vöhrenbach G. Tumbült, Das Fürstentum Fürstenberg (1908) S. 16 f. mit
FUrstenb. Urk. Buch I Nr. 411.
43) E. Hamm, Die Städtegründungen d. Herzöge v. Zähringen in Südwestdeutschland (1932).
44) Th. Mayer, Der Staat d. Herzoge v. Zähringen (1935).
45) G. Haselier, Die Markgrafen von Baden und ihre Städte, ZGOberrhein 107 (1959) S. 263 ff.,
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