http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0224
leute sollten die Bürgerschaft zu weiteren Dienstleistungen zwingen! An herrschaftlichen
Abgaben zahlte man wie anderwärts die Grundsteuer, die Bet genannt, von
den Häusern und entrichtete den Todfall als Zeichen der Leibeigenschaft (demnach
hat die Lichtenauer Luft nicht freigemacht!). Die Herrschaft erhob vom
vertrunkenen Wein das Ungeld, von der Ohm zwei Maß wie üblich, und schenkte
eine gewisse Zeit den Bannwein aus. Nur von der Hühnerlieferung — je ein
Ernte- und Fastnachthuhn jährlich aus jedem Hause — blieb Lichtenau verschont
(Salbuch 1492).
Da nun das Wesen der mittelalterlichen Stadt außer der Ummauerung und gedrängten
Bauweise im Innern der Markt, das sind Gewerbe und Handel, be-
Letzter Rest mittelalterlicher Wehrkraft:
Der Stumpf des Däumel- oder Streckturms
im Pfarrhofe — das fensterlose
Erdgeschoß des 1825 auf Beschluß des Finanzministeriums
niedergelegten Turmes.
stimmten, mußte das verliehene Marktrecht die übliche Ausbildung erfahren: der
Wochenmarkt auf Mittwoch und seit dem 17. Jahrhundert an Stelle des Meßtages
(Kirchenpatronatsfest) zwei bzw. drei Jahrmärkte für den Kram-, Vieh- und
Fruchtverkauf. Die Vorbedingungen hierfür waren aber nicht günstig. Bei der Lage
an der Nordgrenze des lichtenbergischen Territoriums, ohne eigenen Bann —
Lichtenau wurde auf Scherzheimer Gemarkung erbaut — fehlten auch die umgebenden
reichen Landgemeinden zur Beschickung des Marktes, so daß ein Aufschwung
versagt bleiben mußte. Zudem ließ schon die Nähe Straßburgs ein Aufblühen
nicht zu. Was nun die Beschäftigung der Bürger betrifft, so waren sie
212
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0224