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nach, noch verwirklicht, wenn auch der Glanz des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation längst durch Preußens Mitverschulden in den Staub gesunken
war. Auch im Deutschen Bund suchte Preußen die Hegemonie zu gewinnen, insbesondere
seit Bismarck (1851) preußischer Gesandter am Bundestag (damals =
Vertretung der einzelnen deutschen Staaten) war. Wege zu diesem Ziele der
Schwächung Österreichs gab es verschiedene. Einer davon war, den österreichischen
Einfluß in Süddeutschland auf militärischem Gebiet — und zwar ohne Rücksicht
auf allgemeine deutsche Interessen und im Gegensatz zu den Bedürfnissen der
Landesverteidigung — zu schädigen oder womöglich zu brechen, dann aber eigene
Truppenteile nach dem Süden vorzuschieben. Klar und deutlich tritt diese Politik
in dem Streit um den Ausbau und die Besatzung der Bundesfestung
Rastatt zutage.
Nach vieljährigen Verhandlungen war am 26. März 1841 der Bundesbeschluß
zustande gekommen, daß die süddeutschen Plätze Ulm und Rastatt zu befestigen
seien, und zwar jenes als „2. Hauptwaffenplatz", dieses als „Grenz- und
Verbindungsfestung", sowie als „Waffenplatz des VIII. Bundesarmeekorps". Die
Besatzung Rastatts sollte im Frieden Baden stellen, während Österreich durch das
Personal der Geniedirektion und die Genietruppen (= Pioniere) daran beteiligt
sein sollte. Der Festungsbau sollte mit Ablauf des Jahres 1849 vollendet sein,
was aber wegen des steten Geldmangels keineswegs der Fall war. Es kamen die
Jahre 1848/49, mit ihnen die Auflösung des Bundestages. In Rastatt brach am
11. Mai 1849 der badische Aufstand durch Meuterei der Besatzung aus, Österreich
zog seine Genietruppen zurück. Der Großherzog und die Regierung verließen das
Land am 13. und 14. Mai und schickten den Legationsrat von Meysenbug, den
späteren Minister, als außerordentlichen Gesandten nach Berlin, damit er von dort
Hilfe erbitte. Diese wurde sehr gerne gewährt, schon um Österreich zuvorzukommen
, welches — einem Versprechen des Reichsverwesers Erzherzog Johann gemäß
— mit 17 000 Mann vom Arlberg her in Baden einrücken wollte. Die Vorgänge
bei der Niederwerfung der Revolutionsarmee durch Prinz Wilhelm von
Preußen, den Bruder des Königs, und der Übergabe Rastatts an die Preußen sind
bekannt. Die Preußen ernannten in der unfertigen Feste sogleich einen Platzingenieur
(!), doch fehlte das Geld zum Weiterbauen, erst 1850 konnte die Bauarbeit
wieder aufgenommen werden.
Im Mai 1851 trat der Bundestag wieder ins Leben, und die Festung wurde zum
Zankapfel bezüglich der Bauaufwendungen und der Besatzungsfrage. Österreich
hatte als die Vormacht im Deutschen Bunde die Verpflichtung, für die Sicherheit
der deutschen Grenzen zu sorgen. Anlaß zur besonderen Vorsicht bot die zu
erwartende Erneuerung des Kaisertums in Frankreich, da mit ihm eine politisch
bewegte Zeit zu befürchten war. Hielt man doch in Frankreich die neue Eisenbahn
Paris—Straßburg für eine strategische Linie, und ein Pariser Blatt schrieb, Baden sei
jetzt nicht mehr als Ausland zu betrachten. Was lag da näher, als daß
Österreich für den weiteren Ausbau der Bundesfestung Rastatt
neue Mittel anforderte? Seine Absicht war, zusammen mit Preußen eine
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