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Friedrich von Bödigheim, das Nötige zu veranlassen. Zunächst warnte man den
Müller, befahl ihm, den Maien einzuziehen und den Weinausschank einzustellen.
Aber der Müller kehrte sich nicht daran. Er berief sich auf seine Geroldsecker
Konzession und schenkte ruhig weiter aus. In Lahr glaubte man jetzt andere Saiten
aufziehen zu müssen. Man wußte, der Müller kam ab und zu geschäftehalber in die
Stadt. Bei einer solchen Gelegenheit griff man ihn auf, setzte ihn in Arrest und
ließ ihn dann eidlich versichern, daß er das Weinausschenken einstellen werde. Der
Müller schwur den Eid, zog ab nach seiner Mühle und — zapfte ruhig weiter. Jetzt
war das Maß voll. „Was untersteht sich dieser pflichtvergessene Gesell!" schrie der
Herr von Bödigheim. Er war sich im übrigen klar darüber, daß der Geroldsecker
Amtmann hinter dem Ganzen steckte und dem Müller den Rücken steifte. Es war
somit Grund genug für ein weiteres Schreiben nach der Carlsburg in Durlach
gegeben. Unter dem 23. Mai kam von dort die Antwort, die besagte, man solle
sich des Müllers samt seinem Weibe versichern und beide nach Lahr in den Arrest
schaffen. So zogen acht „berohrte" Mann nach der Mühle, holten den Müller und
seine Frau heraus und schafften sie der Anweisung nach ins Städtchen. Dort legte
man den Müller in scharfen Arrest. Seine Frau aber, die mit einem Kind schwanger
ging, wurde im Wirtshaus zur Krone untergebracht. Man belästigte sie nicht
weiter, sie konnte frei im Städtchen herumgehen und sich auch verköstigen, wie
sie wollte. Nicht so der Müller. Er saß bei Wasser und Brot im „Kefich" und
erhielt nur einmal am Tag eine warme Suppe. Im Geroldseckischen erzählte man
sich bald die schauerlichsten Dinge, wie der arme Müller in Lahr traktiert werde.
Er werde so schlimm wie ein Malefikant gehalten, bekomme nichts als Wasser und
Brot, und das Wasser stamme aus dem Trog, „worin die alten Weiber ihre Wäsche
waschen und das Vieh getränkt wird".
Kein Wunder, daß man im Geroldseckischen zu einem Gegenschlag rüstete.
40 gut bewaffnete Leute zogen unter Führung des Vogts von Seelbach nach der
Mühle, hielten sie in aller Form längere Zeit besetzt und ließen, als sie abzogen,
mehrere Mann als Wache zurück. In Lahr betrachtete man dies als regelrechten
Landfriedensbruch, den man nur mit einer massiven Gegendemonstration beantworten
konnte. Dazu wurden nicht weniger als 500 Mann auf die Beine gebracht.
Außerdem stießen 24 Soldaten von der Hochburg bei Emmendingen sozusagen als
Fachleute zu diesen. Die ganze Heeresmacht rückte nun geschlossen gegen die
Mühle. Die Wache dort hatte aber Wind bekommen und sich beizeiten aus dem
Staub gemacht. Die Mühle, auf der sich nur noch des Müllers Schwiegermutter und
die Kinder befanden, konnte daher kampflos genommen werden. Um aber den
Lahrer Herrschaftsanspruch recht eindringlich zu unterstreichen, war eine weitere
Demonstration vorgesehen. Mit klingendem Spiel zog die ganze Mannschaft durch
Kuhbach hindurch bis an den Gießenbach und von dort wieder die Landstraße
zurück bis zum Bannstein. Inzwischen hatte man zwei Geroldsecker Bäuerlein nach
Seelbach geschickt und dem Amtmann Pistorius sagen lassen, er solle zum Stein
oder nach der Säg kommen. Vielleicht wollte der Lahrer Amtmann vor versammeltem
Volk wie ein homerischer Held in einem Streitgespräch den Fall klären.
Die beiden Bäuerlein aber kamen unverrichteter Dinge zurück mit dem Bescheid,
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