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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 245
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1963/0259
Als Verfasser dieses Weckrufs zeichnete der ehemalige preußische Offizier Otto
von Corvin-Wiersbitzki. Da er die Tochter eines Frankfurter Tabakhändlers
ehelichte, war seine militärische Laufbahn beendet. So wurde er mit dreiundzwanzig
Jahren arbeitslos. Er trat in eine Leipziger Druckerei ein und begann mit
geschichtlichen Studien. Vor anderem beschäftigte ihn die Befreiung der Niederlande
von der spanischen Gewaltherrschaft. Bei diesen Untersuchungen kam er zu
dem für ihn und sein Schicksal entscheidenden Urteil:

„Ungerechte Zustände können nur durch Gewalt beseitigt werden."

Im Frühjahr 1848 stand er als Chef des Generalstabs in der Deutschen Legion.
Preußischer Tradition getreu, pochte er auch in den Bünden der Freischärler auf
unbedingte Manneszucht und wehrte allen Auswüchsen mit unbeugsamer Härte.
Damit schuf er sich viele Feinde und bald hieß er der „Republikaner mit den
Garde-Litzen". Seine unerbittliche Kritik machte weder vor leitenden Revolutionären
noch vor namhaften Volksvertretern halt. Er scheute sich nicht, Georg
Herwegh einen „unpraktischen Träumer" zu nennen; Gustav von Struve brandmarkte
er als „gedankenlosen Draufgänger", Franz Sigel als „untalentierten Soldaten
" und Amand Goegg kennzeichnete er als „von mäßiger Intelligenz".

Als die preußischen Truppen die Bundesfestung Rastatt umschlossen hatten und
mehrfach Ausbrüche der Belagerten mißlungen waren, setzte man die letzte Hoffnung
auf den kühlen Rechner Corvin-Wiersbitzki und wählte ihn zum Festungskommandanten
. Sinnloses Blutvergießen zu vermeiden, verhandelte er mit dem
Preußischen Oberkommando wegen Übergabe der Festung. Dadurch zog er sich
den Schimpfnamen des „Verräters von Rastatt" zu.

Das Standgericht verurteilte ihn am 15. September 1849 zum Tode durch Erschießen
. Durch eine Amnestie wurde dieser Schuldspruch aufgehoben und in zehn
Jahre Haft im Bruchsaler Zuchthaus abgeändert. Dort beschäftigte er sich in seiner
Zelle mit Bildhauer-Arbeiten. Als unter den Gefangenen eine „Geheime Corre-
spondenz" aufgedeckt wurde, zeigte ein obrigkeitliches Urteil, wie weit sich Corvin-
Wiersbitzki von seinen Parteigängern entfernt hatte:

„Corvin hatte damit nichts zu schaffen. Schon seit seiner Gefangenschaft in den
Rastatter Kasematten wird er als Renegat angesehen und von den Demokraten
reinsten Wassers sehr heftig angefeindet."

Nach seiner Entlassung wurde er Amerika-Korrespondent der „Augsburger
Allgemeinen Postzeitung". Er starb 1886.

Mit besonderer Schärfe war Corvin-Wiersbitzki gegen das Bündnis von Thron
und Altar vorgegangen. Seine Schmähschrift „Dokumente des christlichen Fanatismus
" erlebte in der nationalsozialistischen Ära eine unerwartete, doch rasch vergessene
Auferstehung; aus der Umtaufe ging sie als „Pfaffenspiegel" hervor.

Carl Schurz (1829—1906)

Carl Schurz und Gottfried Kinkel gerieten über die Pfalz zufällig in das badische
Aufstandsgebiet. Ihre Schicksale sind allgemeiner bekannt, dürfen hier deshalb
fragmentarisch überblickt werden.

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