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handelt sich jeweils um Kirchen und Kirchengüter. Über deren Bedeutung später.
In welcher Form die Renchtäler Güter damals auftraten, zeigt uns die Schenkungsurkunde
des „vir militans" Sigfrid von Ulmena aus dem Jahre 1070.
Die Ulmer Schenkung.
Der Ritter 5) (wie das „vir militans" übersetzt wird — später hießen diese Leute
auch „armiger" r= Bewaffnete) Sigfrid überträgt in der Urkunde sein „praedium
Ulmena (Ulmen-ach) mit dem Castrum gleichen Namens" dem
Bischof Werner IL, einem Grafen von Achalm. Er empfängt es umgehend wieder
aus dessen Hand als Lehen, aber ausdrücklich nur „auf Lebenszeit". Und das Wichtigste
: er ist ab sofort von aller Kriegslast befreit! Diese übernimmt der Bischof.
Das Gut fällt nach Sigfrids Tod dem Bischof zu. Was ist also geschehen? Kurz
gesagt: der Grundherr hat gewechselt! Zwar erhält der bisherige Grundherr als
Leibrente lebenslänglich noch die Einkünfte des Gutes, hat aber seine Verpflichtungen
den übrigen „Mitgenossen", den Bauern gegenüber, an den Bischof
abgetreten. Zum Zeichen dafür wird der Bischof „Herr" des „Castrums" und bekommt
, wieder nach eben dieser Urkunde, zwei Leibeigene aus dem Besitz
Sigfrids namens Odalrich und Tanchred53) übereignet, damit sie „besser nach dem
Gute schauen können." Es sind die beiden Meier, Verwalter oder Vögte der beiden
Curien in Ulmena, da ja die dritte Curia als „Widemgut" (in diesem Fall dem
Stift Säckingen) zugeeignet war und blieb. Die Spuren dieser drei Güter sind bis
fast in die Neuzeit hinein festzustellen. Noch 1761 besaß der Bischof in Ulm die
„curia militi", den Fronhof und den Gutleuthof, das alte Widemgut.
Wir sehen in Nußbach den gleichen Fall: zur Kirche gehörte das Widemgut,
das nach Bamberg verstiftet wurde (1002), zum „unteren Hof" die Fürsteneck,
und der obere Hof, den die Fürstenberger bei der Uta-Stiftung noch für sich
retteten, hat in der Gründung von Oberdorf6) mit einer Kirche gewissermaßen
als neues Widemgut um 1200 seine einsame Selbständigkeit bewahrt, bis er im
19. Jahrhundert erst von Oberkirch geschluckt wurde.
Das Haus als Kern der Herrschaft.
Zweimal sind uns jetzt „Burgen" begegnet, und es ist bezeichnend, daß sich in
der Erinnerung der Renchtäler vage Vorstellungen einer sehr großen Zahl von
„Schlössern" erhalten haben. Aus den Urkunden sind allein deren 11 als sicher
nachzuweisen, und ein zwölftes wurde noch zu Beginn des 13. Jahrhunderts
in Oppenau durch Allerheiligen gegründet. Aber auch dort, wo keine Spuren mehr
vorhanden sind, munkelt das Volk von einem ehemaligen „Ortsadel" und einem
verschwundenen „Schloß". Stimmen die Vorstellungen zwar nicht, so ist doch der
5) Erst zur Zeit der Kreuzzüge kam die Bezeichnung Ritter auf. Sie beinhaltete gleichzeitig einen Standesunterschied
zum gleichzeitig weiter existierenden „armiger".
5a) Es wäre zu erwägen, ob der bodenständige Name Erdrich, der sinngemäß das gleiche bedeutet, nicht
aus diesem Odalrich entstanden ist. Tanchrad ist normannisch und kann als „Angehöriger der Leibwache"
(Tanist = Grundherr, für „chrad" vgl. Davids Leibwächter, die „khreti") betrachtet werden.
6) Oberdorf tritt erstmalig nach der Gründung von Allerheiligen und dem vergeblichen Versuch der Erben
Utas, den unteren Hof in Nußbach wieder für sich zu retten, auf. Da sie, die Fürstenberger, ja noch die
dritte Curia, den oberen Hof, hatten, stifteten sie für dort eine Kirche (statt des entgangenen Nußbach mit
seiner Filiale Oberkirchen) und weihten sie dem hl. Nikolaus.
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