http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0020
Erweiterung der bischöflichen Grundherrschaft.
Nach dem Tode Werners sah es zunächst nicht so aus, als ob aus der Ulmer
Grundherrschaft politische Folgen entstehen könnten. Das auf der konservativen
, der kaiserlichen Seite stehende Bistum war infolge der gewandelten Verhältnisse
langsam zur päpstlichen Seite übergewechselt. Nach dem Wormser
Konkordat bemühten sich kirchliche Reformkreise um die zwischen den beiden
streitenden Parteien vermittelnde „dritte Kraft" und schufen die neuen Orden der
Zisterzienser und Prämonstratenser. Stifter der letzteren war der ehemalige Hofkaplan
Heinrichs V., Norbert von Gennepp in Xanten, der weitläufig mit der
bekannten Uta verwandt war. Und Uta stiftete mit ebersteinischem Erbgut (Hof
Nußbach) 1192 im Renchtal das Kloster Allerheiligen. Bezeichnend für die
neue Rechtslage ist die 1202 nachgesuchte und erhaltene Bestätigung der Stiftung,
nicht etwa durch den Kaiser, sondern durch den Papst. Und symptomatisch mag
es gewertet werden, daß der amtierende Bischof Konrad von Hüneburg, ein
Elsässer, der Stiftung Teile der Ulmer Grundherrschaft, nämlich das Gut Crisebom
beim Blöchereck mit dem dazugehörenden Wald, zufügte. Das widersprach dem
bisher geltenden Recht: der Grundherr konnte ohne die Einwilligung der Grundholden
, also der freien Bauern, nicht über Allmendgut frei verfügen. Sofort
protestierten die Ulmer, und der Protest schlief durch Jahrhunderte nicht ein; im
13., 15., 16. und sogar 18. Jahrhundert wurden die Ulmer Ansprüche auf diesen
Wald immer wieder trotz gegenteiliger Entscheidungen der Gerichte erhoben und
verfochten133). Schon Konrads Nachfolger, diesmal bezeichnenderweise wieder ein
Graf von Teck, ging mit seiner „Restitutionsklage" bis vor das oberste Hofgericht
in Mainz, wurde aber 1244 abgewiesen. Kein Wunder: 1234 hatte König
Heinrich (VII.), der Sohn Friedrichs II., die Erben der Zähringer, die Grafen von
Freiburg und Urach, mit den Flüssen Rench, Brig, Wiese, Kinzig (bis Gengenbach
), Elzach, Dreisam usw. belehnt, sie also als königliche Stellvertreter mit der
Landesherrschaft ausgestattet. Und Allerheiligen, das ja nach älterem Recht
(ähnlich Hirsau) hätte autonom sein sollen, hatte sich vorher aus dem zähringi-
schen Erbgut im Renchtal eine Reihe Curien schenken oder sonstwie übertragen
lassen. So hatte der Bischof, wollte er sich weiterhin als mitzusprechender Grundherr
behaupten, weitere Curien zu kaufen. Der eventuell dabei erwachsenden
Gegnerschaft eines reichsunmittelbaren Klosters hatte er vorgebeugt, indem Papst
Innozenz III. im Jahre 1204 mit der Genehmigung der Schenkungen an Allerheiligen
gleichzeitig dessen Zuweisung zum Bistum Straßburg aussprach. (Vielleicht
war der Wald am Blöchereck dafür der Kaufpreis gewesen?) Auf jeden Fall war
in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Aktivität des neuesten Grundherrn,
des Klosters Allerheiligen, groß. Es erwarb, teils durch Kauf, teils durch
Schenkung, Güter in Gamshurst, Urloffen, Renchen, Winterbach und Ebersweier.
Ein der Familie Eberstein angehörender Dompropst war (1247) Pfarrherr in Ulm
(das von der Äbtissin von Säckingen zunächst „widerrechtlich" an einen Habs-
13a) Erst mit dem Übergang an Baden wurde die Eigentumsfrage am „Streitwald", die seit 1507 unerledigt
dem Reichskammergericht vorlag, geregelt. Nach 600jährigem Protest hat Ulm den größten Teil seines
Waldgebiets gerettet.
8
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0020