http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0045
Bei der Kartographierung ist dieser Schwierigkeit in der Weise Rechnung getragen, daß
Orte, für die lediglich Gültbesitz, der nicht mit Grundbesitz verbunden ist, nachzuweisen
war, besonders gekennzeichnet sind. Das allerdings braucht nicht auszuschließen, daß sich
daneben auch noch Grundbesitz in diesem Ort befand.
Das Bild würde sich wohl noch günstiger ausnehmen, wenn man über den Umfang
und den wirtschaftlichen Wert all der nachweisbaren Besitzungen unterrichtet wäre
und sich nicht allein auf die ziffernmäßige Gegenüberstellung, die vergleichende Auszählung
nach der geographischen Lage verlassen müßte. Es ist sehr wahrscheinlich —
und die im Anhang wiedergegebenen Besitzzusammenstellungen erhärten die Vermutung
—, daß die wirtschaftlich bedeutendsten Güter und das eigentliche Familiengut
auf engem Raum, innerhalb der 7,5-Kilometer-Zone, zusammengeballt waren;
in dieser Ballungszone zu suchen sind sicherlich auch die jeweiligen Eigenbesitzungen.
Betrachtet man die Besitzstreuung im Zusammenhang mit den Besitzveränderungen
, so kann man ein übereinstimmendes, von Standortüberlegungen geleitetes Verhalten
des verkaufenden, kaufenden oder schenkenden Ritteradels kaum bemerken.
Sowohl weitabliegende wie auch in nächster Nähe gelegene Besitzungen werden
verkauft oder gestiftet, in entfernt gelegenen Dörfern werden Güter genauso wie in
allernächster Nachbarschaft erworben.
Bei den Verkäufen ist eine Erklärung wohl am einfachsten zu rinden. Die Auswahl
des Gutes, das aus der Hand gegeben werden mußte, stand ja wohl nur in
den wenigsten Fällen dem Verkaufenden als vielmehr dem Kaufwilligen zu. Wer
Geld hatte, wollte ja nicht irgendwo irgend etwas kaufen, sondern sich entweder
einen Landsitz mit anliegendem Grundbesitz schaffen oder seinen bereits vorhandenen
Besitz durch Kauf von Gütern in dessen nächster Nähe erweitern. Ganz
deutlich zu erkennen ist diese Situation, dieses vom Käufer diktierte Verhalten bei
den zahlreichen Erwerbungen des Klosters Allerheiligen in der Stadt Oberkirch
zwischen 1300 und 13 1 0 38), bei den Erwerbungen der Straßburger Clobeloch, die
sich zwischen 1310 und 1320 einen Landsitz um Rohrburg aufbauen37), oder bei
den Verkäufen an nichtadelige Bürger oder Bauern, die immer nur Besitz in unmittelbarer
Nähe ihres Wohnorts kaufen 38). (Eine völlig andere Situation liegt
bei den Verkäufen an Fürsten vor, wo territorialpolitische Gesichtspunkte den Ausschlag
geben.)
Bei den Erwerbungen ist, auf Grund der geringen Anzahl der Käufe, nur in zwei
Fällen ein von Standortüberlegungen beeinflußtes Handeln zu vermuten. Ganz
sicher spielen diese Überlegungen bei den Besitzverschiebungen in der Familie
Höfinger zwischen 1340 und 1350 eine Rolle 39), wo Besitzungen, die am Oberlauf
des Neckar liegen, verkauft und kurz danach Güter in nahezu gleichem Wert in der
Ortenau erworben werden. Nicht ganz so deutlich wird das Verhalten bei den
Kalwe, deren Erwerbungen ja auch innerhalb oder unmittelbar an der Grenze
unserer Zone sich befinden 40).
4. Rechtsfornien
Der weitaus größte Teil der nachgewiesenen Güter und Rechte stammt aus Lehensabhängigkeiten
. Ein Teil dieses Lehensgutes freilich mag früher einmal freies
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