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fred de Italia" Hugsweier erworben, das aus dem Erbe der Etichonen in dessen
Hand gekommen war. Wenn noch 1627 die Gemeinde Hugsweier zu Leistungen
an den vorderen Meierhof in Lahr verpflichtet war31), dann darf man annehmen,
daß diese Last bereits damals im 10. Jahrhundert existierte,
Ein weiterer Gesichtspunkt kommt noch hinzu, um das besondere Interesse
Erchenbalds an Dinglingen verständlich zu machen: die Bedeutung des Schutterlindenbergs
32) für den Weinbau. Daß er als Landwarte — wegen seiner weiten
Aussicht — vor allem für einen Kriegsherrn von größter Bedeutung war, sei
nebenbei bemerkt. Für den Weinbau aber gab es kaum einen geeigneteren Boden
als die hohen Hänge des Berges. Hier war Hugsweier, das sichtlich ein Teil der
alten Mark zwischen Unditz und Gebirge war, stark beteiligt. Doch stand es
hinter Dinglingen zurück. Wein war bis in das 18. Jahrhundert ein wichtiges
Handelsgut der Ortenau wegen der Nähe des Rheinstroms, der die Hauptverkehrsader
für die Weinausfuhr nach Norden war. Dieses Kapital der großen
Rebgüter wurde zu allen Zeiten genutzt.
Das besondere Interesse an Dinglingen allein dürfte aber kein Grund gewesen
sein, die Mutterkirche in Burgheim zu schädigen. Auf Grund archäologischer
Anzeichen komme ich zu dem Schluß, daß zu Erchenbalds Zeiten die
Kirche eine Ruine war. An dem Profil33), das mein Sohn Reinhart erarbeitet
hat, soll meine Schlußfolgerung dargelegt werden.
Unter zwei Böden, die nach 1035 gelegt wurden, lag als tiefster und einziger
Boden ein „Brandboden", der über das Gestück der ehemaligen Westmauer einer
früheren Kirche hinweg in die Westapsis der Kirche von 1035 reichte. Nirgendwo
fand sich auch nur eine Spur eines älteren Kirchenbodens. Dafür zeigten sich an
allen Gräbern mit einer einzigen Ausnahme Anzeichen planmäßiger Grabräuberei:
So war z. B. der gewölbte Deckel von Grab 1 mit roher Gewalt entfernt worden,
so daß er in zwei Stücke brach. Nur durch Ausschlämmen konnten aus diesem
Grab noch einige Dinge geborgen werden, darunter der goldene Knopf einer
Gewandnadel. Offensichtlich lag nun das Gebäude lange Zeit der Witterung preisgegeben
da, ohne daß man auch nur das Nötigste zur Abwehr der Schäden unternommen
hätte. Ob Reiterhorden aus Ungarn, die noch in der Mitte des 10. Jahrhunderts
den Rhein überschritten, die Kirchenräuber waren, läßt sich nicht
entscheiden. Bischof Erchenbald (965—991) scheint mehr Interesse an der Ausstattung
der Dinglinger Kirche gehabt zu haben als an der Wiederherstellung der
31) Laut GLA 117/232 handelt es sich um das „Schnittgeld zum Meyerhof zu Lahr" im Betrag von
einem Pfund und fünf Schilling. Damit war die frühere Leistung durch die Arbeit der Leute mit Geld
abgegolten.
32) Der Name „Schutterlindenberg" ist abzuleiten von einer Linde auf dem Weinberg des Klosters
Schuttern, die noch 1792 stand und im Kartenwerk (siehe Anmerkung 30) eingetragen ist. Das Weingut
selbst wird z. B. 1721 (Fasz. 193, Stadtarchiv Lahr) als das „Closter Schuttern Guth" bezeichnet. Es lag auf
der beiliegenden Karte vom vorderen Sehuttertal beim Buchstaben G von Gemarkung Lahr. Die Schütterer
Linde ist gewiß von gleicher Bedeutung gewesen wie die Dinglinger Linde in der Feldmark gegen Mietersheim
oder die Burgheimer Linde beim Galgen an der Grenze gegen den Friesenheimer Bann. Es waren
Gerichtslinden.
33) Dieses Profil ist als Teil der von Tschira veröffentlichten Abb. 3 bereits veröffentlicht worden, allerdings
ohne die Anmerkungen des Bearbeiters (siehe Anmerkung 22).
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