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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 91
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20. Item ein jeder, der Oehl faill hat, der gibt einem Schulthaissen des Jahrs 5 ß.
Fremder undt Heimischer.

Im Jahr 1676 bat der Schultheiß Berger um eine „Zubuße", weil die Gefälle
durch die Kriegsnot sehr gering geworden waren. Er erhielt aus dem Stadtlohn
(Stadtkasse) 40 Gulden „ohne Präjudiz". Im übrigen erwartete man, daß der
Schultheiß aus eigenen Mitteln lebte. Sein Amt wurde als Ehrenamt betrachtet.

Während die Schultheißen von Gengenbach und Zell a. H. vom Abt des Klosters
Gengenbach ernannt wurden, stand die Ernennung des Offenburger Schultheißen
dem Ortenauer Landvogt zu. Im Gegensatz zum Abt, der bei der Auswahl des
Kandidaten völlig freie Hand hatte, wobei der Rat nur ein Einspruchsrecht hatte,
war der Landvogt an das Privileg des Kaisers Maximilian I. vom Jahre 1504
gebunden. In dieser Urkunde wird zunächst betont, daß „ain jeder Römische
Kayser oder König oder unser Landvogt, Pfleger oder Pfandtherr zu Ortenberg
Macht haben soll, ainen Schulthaissen zue Offenburg, wann der abstürbt oder
sonst zu Verweßung des Ambts nit mehr tauglich ist, aus den Zwölffern
des Alten Rats daselbs allwegen in zweyen Monaten den
nächsten, nachdem so der allt Schulthaiß abgestanden und das an uns, unser
Landtvogt, Pfleger oder Pfanndtherr gefordert wird, zu setzen und zu
ordnen". Der Landvogt war also verpflichtet, den Kandidaten aus dem Zwölferkollegium
des Alten Rats zu nehmen. Dieses Privileg erweiterte der Kaiser
folgendermaßen: „Wir haben den Genannten von Offenburg dise Gnad getan:
wan Wir, unser Nachkommen am Reiche oder unsere Ambtleut, Pfleger oder
Pfanndtherren solichs in derselben Zeit nit tetten, daß alsdann die berürten
Zwelffer selbs ainen Schultheissen aus Inen, den Sy auf
Ir Eyd tauglich dartzue erkhennen, nemen sollen und
mugen." Die kaiserlichen Privilegien waren für die Reichsstadt der einzige
Schutz gegen die Übergriffe des landhungrigen Nachbarn.

Nach dem Tode eines Schultheißen hatte der Zwölferrat dem Amt der Land-
vogtei Ortenau bzw. dem Pfandherrn sofort davon Mitteilung zu machen. Diesem
Schreiben wurde eine Liste der Gerichtszwölfer angeschlossen. Der Pfandherr
wählte einen der Kandidaten aus. Die Einführung des Ernannten in sein Amt
war ein hochwichtiger Akt und ging unter peinlicher Beachtung des altüberlieferten
Herkommens vor sich. Der Landvogt oder dessen Beauftragter kam
nach Offenburg in das Verwaltungsgebäude der Landvogtei, den sogenannten
Königshof (heute Landratsamt). Dort mußte ihn der künftige Schultheiß abholen
und in das Rathaus geleiten, wo der gesamte Magistrat versammelt war. Hier
vollzog sich nun zuerst der „Actus praesentationis": Der Kommissar stellte den
Versammelten den Kandidaten vor. Dann leistete dieser den Amtseid (Actus
declarationis). Es folgte der „Actus introductionis", d. h. der Kommissar überreichte
dem Ernannten den Gerichtsstab. Nach der Amtseinführung mußte der
neue Schultheiß den Kommissar in den Königshof zurückbegleiten und ihm eine
„Recognitionsgebühr" entrichten, die 100 Goldgulden betrug. Daran schloß sich in
einem Gasthaus ein feierliches Mahl.

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